Aktionsgruppe Banat : Wer die Stones hört, braucht keine Polka

Vor fünfzig Jahren fand in Temeswar die „Aktionsgruppe Banat“ zusammen, um die deutschsprachige Literatur in Rumänien zu modernisieren. Ihre provozierenden Texte und Auftritte riefen die Securitate auf den Plan.
Ein plötzlicher Entschluss: über die Grenze gehen. Der befreiende Versuch, das fremde Territorium zu erreichen. Das fast erwartete Scheitern, die Festnahme durch Grenzpolizisten mit der Folge dreimonatiger Gefängnishaft. Anton Sterbling, siebzehn Jahre alt, Schüler in der elften Klasse des Lyzeums in dem kleinen Ort Großsanktnikolaus im rumänischen Banat unternimmt im Oktober 1970 diesen gewagten Versuch einer „Flucht als Provokation“. Sie hat auch literarische Implikationen: Einen Tag später findet an seiner Schule eine Diskussionsveranstaltung mit aus Bukarest angereisten Schriftstellern und Redakteuren der Zeitschrift „Neue Literatur“ wie Anemone Latzina, Gerhardt Csejka und Paul Schuster statt, die nicht zuletzt über Demokratisierungsmöglichkeiten der Gesellschaft und des Schulalltags sprechen wollen. Der vor dem Abitur stehende Mitschüler Richard Wagner von der XII C dringt darauf, auch den dramatischen Fluchtvorgang vom Vortag zur Sprache zu bringen. Die Rundreise der Bukarester Redakteure ging auf ungewöhnliche Aktivitäten der „Neuen Banater Zeitung“ (NBZ) zurück, deren Chefredakteur Nikolaus Berwanger – als Parteifunktionär in der deutschen Minderheit tätig – die deutschsprachige „Temeswarer Tageszeitung“ einem Modernisierungsversuch unterwarf und dabei jugendliche Schüler und Studierende mit eigenen Schülerseiten und der Studierendenbeilage „Universitas“ einbezog.