„Don Karlos“ in München :
Leg ab den Stachelpanzer

Von Teresa Grenzmann
Lesezeit: 4 Min.
An der Krise wachsen: Nils Strunk als Infant Don Karlos
Martin Kušej inszeniert in dreieinhalb Stunden Schiller. Von dem das Stück durchziehendem Dämmerlicht können sich die Charaktere erst nach einer Wendung absetzen.
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Es ist die dunkelblaue Dämmerung kurz vor der Nacht. Im spanischen Königspalast hat man sich eingepanzert; die Dornen richten sich nach innen, sie gelten den Gedanken, den fremden, aber auch den eigenen, die – mal unbewusst, mal mit Berechnung, Leidenschaft oder Gewalt – Freiheit fordern. Die Zeit ist noch nicht reif für die Aufklärung, inmitten derer Friedrich Schiller von 1785 bis 1787 seinen „Don Karlos“ schreibt. Wenngleich er jener, der von Spanischer Inquisition bis flämischem Unabhängigkeitskrieg beherrschten zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, „allgemeine Gärung der Köpfe, Kampf der Vorurteile mit der Vernunft, Anarchie der Meinungen, Morgendämmerung der Wahrheit – von jeher die Geburtsstunde außerordentlicher Menschen“ bescheinigt. Allein: Vernunft, Wahrheit, Menschsein fordern hier noch das moralische Selbstopfer – und scheitern also.

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