FAZ+Feuilleton-Herausgeber Korn :
Widerstand durch Mitarbeit

Von Roxanne Narz
Lesezeit: 10 Min.
Das Feuilleton sah er als eine Kraft-, Wut-, Liebes- und Leidenschaftsapparatur: Karl Korn bei einer Redaktionssitzung
Es herrscht die Stickluft der Inquisition: Wie die Briefe seines ersten Herausgebers Karl Korn an Margret Boveri das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigen. Ein Gastbeitrag.
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Geschichte lebt von Quellen. Gegenständliche Relikte, stille und bewegte Bilder, Tonaufnahmen und Texte machen sie erforsch- und erfahrbar. Unter der Vielzahl an Überlieferungen entdeckt der Zeithistoriker bisweilen kleine Schätze. Ein verborgenes Fundstück, das es auf fast zauberische Weise vermag, Zeichensysteme zum Leben zu erwecken. Dann erst wird Vergangenheit plastisch: wenn das geschriebene zum gesprochenen Wort wird. Wenn sich im Lesen die Augen weiten und die Ohren spitzen, wenn skizzenhafte Beschreibungen zu dreidimensionalen Räumen werden, wenn aus Papier und Druckerschwärze lebendige Figuren erwachsen. Dann wird aus dem Absender Karl Korn, Bad Homburg v. d. Höhe, „Krokonosch“, der mit tief gerunzelter Stirn in seiner Arbeitsstube sitzt, im sonoren Takt die Schreibmaschine bedient und sich in einem Brief an eine alte Freundin den Missmut von der Seele schreibt. Und dann wird aus der Empfängerin Margret Boveri, Berlin-Dahlem, „Krokonoscha“, die wenige Tage später ihren Briefkasten vor der ehemaligen Wehrmachtsbaracke öffnet, den Brief eines alten Freundes in den Händen hält und durch die runden Brillengläser zu lesen beginnt: „Liebe M.B. . . .“

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