Hermann Bausinger wird neunzig : Durchlüftung der Heimat
Schon in den sechziger Jahren begann er sein Fach aus den engen Grenzen der Heimat- und Brauchtumskunde zu befreien. Jetzt wird der Volkskundler Hermann Bausinger neunzig – und legt eine schwäbische Literaturgeschichte vor.
Literaturgeschichten nach Stämmen sind selten geworden. Was soll das auch sein, ein Stamm? So etwas wie ein Volk, nur regionaler und kleiner, ein Völkle? Nehmen wir die Schwaben. Sind sie dieselben wie die Württemberger? Oder grenzen sich die Württemberger nur von den Badenern ab, die Schwaben aber von allen anderen? „Der Schwabe zeichnet sich dadurch vor allen anderen Völkern aus, dass er Schwabe ist“, heißt es ironisch bei Theodor Griesinger schon 1838. Ist Schwabe, wer versteht, was „noi itte“ heißt, alle Bittsätze mit „Oh!“ einleitet, die Kehrwoche hochhält und nichts auf den Gaisburger Marsch kommen lässt? Muss außerdem dort geboren und aufgewachsen sein, wer dazugezählt werden will? Es gibt Leute, die Vincent Klink die Stammeszugehörigkeit bestreiten.