Dürfen wir das?

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Niemand kann Richter in eigener Sache sein. Auf dieses Prinzip gründete Sir Edward Coke 1610 sein Urteil in Dr. Bonhams Fall. Es konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn ein Streit zwischen einem Doktor und dem Königlichen Ärztekollegium vor diesem Kollegium ausgetragen werden sollte.

Niemand kann Richter in eigener Sache sein. Auf dieses Prinzip gründete Sir Edward Coke 1610 sein Urteil in Dr. Bonhams Fall. Es konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn ein Streit zwischen einem Doktor und dem Königlichen Ärztekollegium vor diesem Kollegium ausgetragen werden sollte. So bestimmte es aber ein Gesetz. Coke weigerte sich, dieses Gesetz anzuwenden. "Es ergibt sich aus unseren Büchern", stellte er fest, "daß das gemeine Recht die Parlamentsgesetze manchmal für null und nichtig erklären wird; dann nämlich, wenn sie dem gemeinen Recht und der Vernunft zuwiderlaufen." Ob es sich nun wahrhaftig so ergab oder nicht: Es stand nun jedenfalls seit 1610 in den Büchern. Dort freilich blieb es in England auch: Vom Recht der Gerichte, den Willen des Gesetzgebers durchzustreichen, machten Cokes Nachfolger keinen Gebrauch. In Amerika aber wurde Coke anderthalb Jahrhunderte später von den Revolutionären zitiert, die sich unter Berufung auf ein höheres Recht den Befehlen des Parlaments von Westminster widersetzten. Als sie sich ihre eigene, geschriebene Verfassung gaben, da schufen sie ein Instrument, das die Revolution perpetuiert, indem es dem Kongreß und dem Präsidenten als den Nachfolgern des Königs-im-Parlament verbietet, sich für souverän zu halten: die "judicial review", die richterliche Überprüfung von Gesetzen.

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