Kunst und Erinnerung : Späte Rettung eines frühen Richters
Zwei Gesichter junger Frauen und zwei Paar Beine sind bereits zu sehen, ebenso die senkrechten Pinselstriche, die ineinander verzahnt einst das gesamte Wandgemälde ergaben. Die Wand wiederum scheint heute aus weißen Kacheln zu bestehen, doch sind es Planquadrate, die die Restauratoren Susann Förster und Albrecht Körber auf der weißen Deckschicht angebracht haben. Sie sollen ihnen beim Freilegen des darunter befindlichen Bildes helfen. „Pro Tag schafft jeder von uns zehn der zehn mal zehn Zentimeter großen Felder“, sagt Körber. So kommt Stück für Stück ein Werk zum Vorschein, das Gerhard Richter im ersten Halbjahr 1956 an der mehr als 60 Quadratmeter großen Foyerwand im Deutschen Hygiene-Museum Dresden schuf. „Lebensfreude“ lautet der Titel der monumentalen Arbeit, für die er mit Bestnote das Diplom an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) in Dresden erhielt. Es zeigt in mehreren Szenen fröhliche Menschen im glücklichen sozialistischen Alltag.