„Meine liebste Ausstellung“ : List und Lust der ökonomischen Vernunft
Es geschah zur rechten Zeit: 1993 zeigte das Essener Folkwangmuseum eine grandiose Schau zu zwei russischen Moderne-Sammlungen.
Es war nicht Matisses „La Danse“, das berühmteste der vielen berühmten dort gezeigten Bilder, und auch nicht der gewohnt banal mit Künstlerprominenz protzende weithin plakatierte Titel „Monet bis Picasso“, der mich im Sommer 1993 aus Tübingen nach Essen ins Museum Folkwang lockte, sondern das eigentliche Thema der dortigen Sonderausstellung, das in den Untertitel verbannt war: „Morosow und Schtschukin – Die russischen Sammler“. Alles, was die Geschichte Russlands betraf, durfte in jenen Jahren größtes Interesse für sich beanspruchen. Mit Gorbatschows Perestroika hatten sich auch die sowjetischen Archive geöffnet, und nach der Auflösung der UdSSR im Dezember 1991 war ein russisches Traditionsverständnis neu erstanden, das Kunst und Kultur als Botschafterinnen des Landes betrachtete. Außerdem arbeitete meine Frau seit einem halben Jahr in Sachsen, und in den Dresdner Museen waren wir auf die große Erzählung der Beutekunstrückgabe durch die Sowjetunion im Jahr 1955 gestoßen. Und durch sie auf die Schatzhäuser in Moskau und Sankt Petersburg aufmerksam gemacht worden – Städte und Stätten, die wir noch nie gesehen hatten.