Expressionismus am Folkwang : Die Wunden, die der Kunst geschlagen wurden
Hat es jemals einen Kunstraub gegeben, der von seinen Tätern mit mehr Akribie dokumentiert wurde? Es ging um sechzehntausend Kunstwerke, fein säuberlich aufgelistet in zwei unscheinbaren Typoskripten, auf denen unter anderem der Name des Künstlers, der Titel des Kunstwerks, der Ort seines Raubs sowie sein weiteres Schicksal festgehalten wurden: „V“ steht für Verkauf, „T“ für Tausch“, „X“ für Vernichtung. Allein aus dem Essener Museum Folkwang, das 1922 aus der zunächst in Hagen beheimateten Sammlung von Karl Ernst Osthaus hervorgegangen war, verzeichnet die Inventarliste der Nationalsozialisten 1273 Kunstwerken, die als „entartet“ gebrandmarkt wurden, um sie beschlagnahmen und verkaufen zu können. Wohl kein anderes Museum hatte unter dieser Art der Devisenbeschaffungsmaßnahme unter dem Deckmantel einer kulturpolitischen Säuberungsmaßnahme stärker zu leiden als das Essener Haus, das sich der Moderne und zumal dem Expressionismus verschrieben hatte.