Auktionen in München : Verlockung des Adels
Das Adelsetikett zog auch diesmal wieder: Der in Neumeisters Frühjahrsauktion integrierte „Noble Sale“ schloss, auch dank moderater Taxen, mit guten Steigerungsraten und nur 15 Prozent Rückgängen bei 331 Losen. Die Abteilung eröffnete mit dem Diadem, das Prinzessin Marie-Antoinette zu Fürstenberg 1977 von ihrem Vater zur Hochzeitbekam. Die um 1900 wohl in England hergestellte Preziose wurde bei 58.000 Euro einem Gebot aus Frankreich zugeschlagen (Taxe 45.000 bis 55.000 Euro). Eine „Moretto“-Brosche des venezianischen Juweliers Nardi aus adligem Besitz trieben Onlinebieter auf 15.000 Euro (7000/10.000).
Die meisten Nobellose entstammten der zweiten Charge aus dem schlesischen Schloss Carlsruhe; vor einem Jahr war der erste Teil erfolgreich über Neumeisters Pult gegangen. Dieses Mal kam eine große silberne Terrine mit Présentoir auf Platz eins; ihr Augsburger Schöpfer Gustav Friedrich Gerich ließ Drachen sein Werk von 1806/07 tragen und gab ihm Schlangengriffe. Mit 40.000 Euro gewährte ein österreichisches Gebot die untere Schätzung. Länger zog sich das Ringen um eine auf 1599 datierte Volvelle hin, die astronomische Vorgänge darstellt. Sie stieg von 2000 auf 9200 Euro. Was den Preis von drei hübschen Fächern aus der Zeit um 1900 von 400 auf 8500 Euro hob, bleibt vorerst das Geheimnis mehrerer hartnäckiger Bewerber. Ähnlich erratisch wirkt das Interesse eines Käufers aus Bulgarien, der in drei elegante Spazierstöcke und drei Regenschirme 2400 statt 100 Euro investierte. Ob es sich um denselben Bieter handelte, der für ein Porträt-Konvolut aus dem Königreich Bulgarien – Fotos, Aquarelle und Drucke – 3200 Euro anlegte (250/300) oder für drei anonyme bulgarische Landschaftsbilder 3300 (60/80)?
Aus den bürgerlichen Niederungen des Angebots stach eine neapolitanische Krippe mit vielen Figuren und Tieren vor ruinöser Barockarchitektur hervor, die mit 19.000 Euro honoriert wurde (3000/5000). Die Möbelpartie führte eine Kommode des Pariser Ebenisten Pierre Roussel an, indem sie 65.000 Euro einspielte (30.000/ 50.000). Wie kaum anders zu erwarten, kam Lovis Corinths abendliche Tischszene „Unter dem Kronleuchter“ auf den ersten Platz der zweitägigen Auktionen, dabei blieb das Gemälde von 1905 mit 200.000 Euro leicht unter der Schätzung. Etwa um dieselbe Zeit zeichnete Gustav Klimt mit Bleistift ein „Liegendes Liebespaar“, das für 42.000 Euro nach Österreich zurückkehrte (40.000/60.000). Dorthin reiste für 62.000 Euro auch Emil Noldes Aquarell des „Abendlichen Meers mit Dampfer“ (60.000/80.000). Erst in diesem Jahr malte Mauro Bergonzoli das Bild „Lady with blue hippo“, das mit 42.000 Euro die Untertaxe fast verdoppelte. Googelt man den Künstler, zeigt ihn kaum ein Foto ohne seine Ehefrau Franziska Gräfin Fugger von Babenhausen, womit wir über einen Nebenweg schon wieder bei Neumeisters Draht zum Adel wären: Die Gräfin absolvierte vor Jahren eine Lehre in dem Auktionshaus.