Auktion in Paris : Aus dem Hause Matisse
Sie war Enkelin von Henri Matisse, Stieftochter von Marcel Duchamp und Künstlerin aus eigenem Recht. Nun wird die bedeutende Sammlung von Jacqueline Matisse Monnier versteigert.
Das Foto auf dem Katalogtitel sagt viel über die außergewöhnliche Sammlung aus: Auf einem Schemel sitzt der gealterte Henri Matisse mit Hut, Mantel und Spazierstock. Daneben kniet seine Enkelin Jacqueline Matisse Monnier und schaut im Gespräch zu ihm auf. Der Blickwechsel zwischen ihnen zeigt Vertrautheit, die liebevolle Achtung und Freude am Austausch. Jackie, wie sie von Familie und Freunden genannt wurde, war die Tochter von Matisses jüngstem Sohn Pierre, des großen New Yorker Kunsthändlers, und dessen Frau Alexina „Teeny Sattler. Über den 78 Werken, die am 13. April bei Christie’s in Paris versteigert werden, schwebt, wie das Foto andeutet, der Geist von Henri Matisse.
Vom Meister der Moderne kommen 29 Arbeiten (zumeist Zeichnungen) unter den Hammer, die – wie alle Werke der Offerte – immer in Besitz der Familie verblieben sind. Darunter sind drei Porträtzeichnungen von Jackie in Matisses unverkennbar anmutiger Linienführung (Taxen 30.000 bis 500.000 Euro). Ein Gemälde zeigt die üppigen orangeroten Körper einer liegenden Nymphe und eines flötenspielenden Fauns. „Nymphe et faune rouge“ ist mit einer Taxe von 1,8 bis 2,2 Millionen Euro das bedeutendste Los unter den Matisse-Werken.
Doch neben dem sinnlich und großzügig malenden Matisse inspirierte auch Marcel Duchamp die Sammlung: konzeptuell und provokant, humorvoll und hintersinnig. Teeny heiratete nach der Trennung von Pierre Matisse 1954 den Erfinder des Ready-made. Jackie soll ihn ebenso verehrt haben wie den Vater und Großvater Matisse. Von Duchamp kommen vier Werke zur Versteigerung, darunter zwei seiner „Boîte-en-valise“, bei deren Zusammenstellung Jacqueline, selbst Künstlerin, mitwirkte (50.000/70.000 und 120.000/180.000 Euro).
Sämtliche Werke stammen aus den beiden Familienhäusern, in denen Teeny (1906-1995) und Jackie (1931-2021) im selben Dorf bei Fontainebleau nach der Übersiedlung aus den Vereinigten Staaten lebten. Man spürt, dass es die inspirierte Sammlung einer Künstlerfamilie ist, die mit diesen Werken lebte. Jedes Los erzählt eine Geschichte oder zeugt von der Freundschaft mit den Künstlern, etwa Joan Miró (mit acht Werken vertreten), den Brüdern Giacometti oder Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely.
Das grandioseste Werk ist ein türkisblaues Flusspferd von François-Xavier Lalanne, das aufgeklappt zu einer Badewanne wird. Die Familie Matisse planschte tatsächlich im Kunstwerk des Freundes, das originale Hippo-Größe misst (800.000/1,2 Millionen Euro). Das Spitzenlos der Sammlung, für die 23 Millionen Euro erwartet werden, ist eine ausdrucksvolle, nur zwanzig Zentimeter hohe „Kleine Männerbüste“ von Alberto Giacometti von 1950. Pierre Matisse hatte sie damals gekauft, nun könnte sie 3 bis 5 Millionen Euro einspielen.