Altmeisterauktionen in London : Im vorweihnachtlichen Glanz
Entgegen aller dunklen Befürchtungen: Der Markt für Alte Meister hat in London nichts von seinem Glanz verloren. Am hellsten strahlte bei den Auktionen im Dezember ein Werk Botticellis.
Im Dezember verlaufen die Londoner Auktionen mit Alten Meistern meist ruhiger. Bei Sotheby’s brachte eine „Thronende Madonna mit Kind“ des jungen Sandro Botticelli aber eine Dramatik wie beim Endspurt eines Pferderennens in den Saal. Einst für eigenhändig gehalten, war die Tafel Botticelli später aberkannt worden. Nach zweijähriger Recherche kam sie jetzt als um 1470 datiertes Frühwerk des Künstlers zum Aufruf. Neun Telefonbieter steigerten das vorsichtig mit bis zu drei Millionen Pfund taxierte Bild, das seit 120 Jahren in der Lloyd-Sammlung war, auf einen Hammerpreis von 8,6 Millionen Pfund.
Auf starkes Interesse stieß auch das großformatige Gemälde „Hanswurst auf der Stegreifbühne zu Rothenberg“, mit dem Ernst Klimt, Gustav Klimts jüngerer Bruder, das Treppenhaus des 1888 eröffneten Wiener Burgtheaters ausschmückte. Nach dem plötzlichen Tod von Ernst im Dezember 1892 hat Gustav Klimt die Komposition vollendet, um seine verwitwete Schwägerin zu unterstützen. Sechs Bieter, darunter einer im Saal, konkurrierten um das Gemeinschaftswerk, das bei 1,85 Millionen Pfund den Zuschlag fand. Vor 40 Jahren war es für 140.000 Pfund versteigert worden.
Cross-over bei den Käufern
Geschickt als letztes Los platziert, rundete die Leinwand einen Abend mit soliden Ergebnissen ab. Die frühe „Jungfrau mit Kind“ des Manieristen Rosso Fiorentino blieb zwar mit 2,4 Millionen Pfund in der unteren Schätzmarge, trug jedoch zu dem Gesamtergebnis bei, das bei sechs Rückgängen mit 24,2 Millionen Pfund einschließlich des Aufgeldes deutlich über dem Ertrag von 19,4 Millionen Pfund im vergangenen Dezember lag. So endete das Jahr in dem Sektor, dessen Niedergang so oft vorhergesagt wird, positiv.
Auffallend war, dass die Telefonbank bei Sotheby’s von mehreren Mitarbeitern besetzt war, die nicht der Altmeisterabteilung angehörten. Dem Auktionshaus zufolge sammeln zwei der Bieter für den Botticelli auch zeitgenössische Kunst. Christie’s meldete ebenfalls eine rege Beteiligung von neuen und jüngeren Käufern, die spartenübergreifend das mittlere und untere Segment des Marktes antrieben. Van Dycks in Öl gemaltes andalusisches Pferd, das stark bebotene Spitzenlos der bloß 14 Millionen Pfund einspielenden Abendauktion, brachte es trotz Übermalungen auf 2,8 Millionen Pfund.
Die hübsche, klassizistische „Batseba“ von Francesco Hayez (1,2 Millionen Pfund) und Giambattista Tiepolos vom Louvre erworbene „Commedia dell’Arte“-Szene mit dem schuldigen Pulcinello (2 Millionen) bestätigten, dass die Nachfrage nach marktfrischen Bildern von hoher Qualität nicht nachgelassen hat.