Rechtsstreit um „Serpents“ : Die Rache des Banalen
Um zwei kitschige Porzellanschlangen, die der Künstler Jeff Koons nicht authentifizieren will, tobt seit Jahrzehnten ein Rechtsstreit. Bald geht er in die nächste Runde.
Ein italienischer Versicherungsmakler erwarb 1991 auf einer Auktion in Mailand für 500.000 Lire (heute rund 500 Euro) einen verschlossenen Karton mit der Aufschrift „Jeff Koons, Serpents“. Der Inhalt waren zwei fröhlich blickende schlangenähnliche Wesen aus Porzellan. Koons hatte die „Serpents“ in den Achtzigern im Rahmen seiner „Banality“-Serie in einer Edition von dreien geschaffen. Doch als der glückliche Käufer das Teil 1997 bei Christie’s in New York versteigern lassen wollte, verweigerte Koons die Authentifizierung: Es handele sich um eine Fälschung. Kurz darauf zog er in New York vor Gericht mit dem Argument, diese Version der „Serpents“ sei ein defekter Prototyp, der hätte zerstört werden müssen. Das Gericht sah das nicht so.
Nun ist der Fall in Mailand wieder aufgerollt worden, mit dem Ergebnis, die Skulptur sei ein „autorisiertes und authentisches Kunstwerk von Mr. Jeffrey Koons aus New York“. Sein Erwerber könne Schadensersatzansprüche stellen – an Koons. Der will dagegen vor das höchste italienische Berufungsgericht ziehen. Hinzu kommt ein pikantes Detail: Das Exemplar des Klägers soll mit „2/3“ bezeichnet sein. Allerdings hatte angeblich diese Ausführung auch die Kunstgalerie der Universität Ohio erworben. Nun wird vermutet, beim dortigen Exemplar könnte es sich um einen „Klon“ handeln, entstanden nach dem Verlust der ursprünglichen „2/3“.
Eine (andere) Version wurde 2019 für 711.000 Dollar in New York auktioniert; richtig teuer waren die lustigen Schlangen also bisher nicht. Jedenfalls nicht verglichen mit dem Hammerpreis von 80 Millionen Dollar, den Koons’ „Rabbit“ im selben Jahr erzielte, was den Künstler zum teuersten Zeitgenossen avancieren ließ. Was auch wieder nicht ganz richtig ist, denn 2018 wurde David Hockneys „Portrait of an Artist“ für ebenfalls 80 Millionen Dollar zugeschlagen. Der um rund 760.000 Dollar höhere Endpreis für Koons ergab sich wegen des inzwischen gestiegenen Käuferaufgelds. Koons haben im Lauf der Zeit immer wieder Pannen und Plagiatsvorwürfe getroffen, was die Vorlagen für seine Kreationen betrifft; sie wurden aber stets irgendwie beigelegt.
Nicht mit seiner Klage durchgekommen ist 2008 Prinz Charles-Emmanuel de Bourbon-Parme gegen die Koons-Schau im Schloss von Versailles: Die „Entwürdigung seines Vorfahren“ Ludwig XIV. konnte die französische Justiz nicht erkennen. In der Sache der „Serpents“ geht es darum, ob Koons über sein Urheberrecht bestimmen kann. Obendrein steht die etwas gewagte These im Raum, das ganze Theater um diesen argen Kitsch habe dessen Preis enorm gesteigert; für den am Ende womöglich Koons selbst aufkommen müsste. Dabei ist an andere Werke aus seiner „Banality“-Serie gedacht, die Millionensummen kosteten, allen voran der porzellanene „Michael Jackson and Bubbles“, der 2001 für 5,6 Millionen Dollar (mit Aufgeld) versteigert wurde. Die Nemesis der Banalität ist eben schwer auszubremsen.