1000 falsch datierte Hirsts :
Entstehungsjahr? Spekulationssache!

Ursula Scheer
Ein Kommentar von Ursula Scheer
Lesezeit: 2 Min.
Immer wieder für Aufreger gut: Der geschäftstüchtige Damien Hirst mit Blättern seiner „Currency“
Nicht nur bei eingelegten Tieren soll Damien Hirst mit falschen Jahresangaben getrickst haben. Nun geht es um mehr als 1000 Werke seines Projekts „The Currency“. Ob die Sammler das kümmert?

Wer den profitorientierten Handel mit Gegenwartskunst für schwindelerregend hält, mag hier in den nächsten Abgrund blicken: Damien Hirst, in Umsatzstärke ergrauter „Young British Artist“, macht dieser Tage nicht nur mit frisch eingelegten Tierkadavern von sich reden, die er Recherchen des „Guardian“ zufolge 2017 statt, wie vom Künstler behauptet, in seinen avantgardistischen Neunzigern konserviert haben soll.

Jetzt geht es um Umdatierungen größeren Stils: Mehr als tausend Hirst-Werke scheinen eine irreführende Jahreszahl zu tragen. Sie gehören zu einer Serie von 10.000 unikalen Punktbildchen auf handgeschöpftem Papier, die fleißige Werkstatthelferlein für Hirst wie am Fließband voll­getupft hatten. Versehen mit einem Hologramm Hirsts, dessen Signatur, einem Mikropunkt, individuellem Titel und – bis auf zwei Irrläufer – der Angabe 2016, wurden die konfettibunten Blätter in Münzwurfoptik von Hirsts Verkaufsplattform HENI zu je 2000 Dollar auf den Markt gebracht.

Das an Banknoten erinnernde Zertifizierungs-Tamtam hat Methode. „The Currency“, die Währung, lautet der Name des Projekts. Mit ihm exerzierte Hirst auf dem Höhepunkt des NFT-Hypes vor, wie man Kunst zu Geld macht. Seine Käufer hatten die Wahl, ob sie ein physisches Kunstwerk oder ein virtuelles Besitzzertifikat in der Blockchain erwerben wollten. Entschieden sie sich für Letzteres, wurde das entsprechende Papierobjekt verbrannt – öffentlichkeitswirksam während der Londoner Frieze-Messe von Hirst selbst, der tausend „Currency“-NFTs als Stakeholder behielt und dafür jede Menge Zellulose durch den Kamin jagte.

Alles nur Konzept?

Um die Zahl von 10.000 Wertpapieren zu erreichen, die vom NFT-Sammelkarten-Trendsetter „Bored Ape Yacht Club“ als Standard etabliert worden war, ließ Hirst 2018 und 2019 wohl kräftig nachpunkten, als seine 2016 – vor dem Krypto-Boom – gefasste Idee die Umrisse einer NFT-Gelddruckerei annahm. So sollen es einstige Werkstattmitarbeiter dem „Guardian“ verraten haben. Auf Anfrage heiße es von Seiten des Künstlers wie schon bei den Tierkadaver-Querelen, die Jahreszahl beziehe sich auf die Idee, nicht ihre Realisierung. Das sei Konzept.

Üblich ist es nicht, und Konzept scheint eher zu sein, ein profita­bles Spin-off zeitlich nah an Hirsts großen „Spot Paintings“ zu rücken. Sie sind die ideelle Goldreserve der im Kurs auf bis zu 64.000 Dollar gestiegenen Token, bei deren Weiterverkauf Hirst jedes Mal Tantiemen kassiert. Millionen soll das dem Künstler eingebracht haben. Kaufen Sammler Hirst das alles immer noch ab? Sieht trotz Kurseinbruchs nach dem Krypto-Crash bislang so aus. Aktuell liegt der Mindestpreis für „The Currency“-NFTs immerhin bei um die 3500 Dollar. Jahresangabe: offenbar egal. Oder: rein spekulativ.

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