Als Bertelsmann-Chef : Middelhoff, der Spieler
Vor rund zwölf Jahren wurde im Bertelsmann-Konzern eine Entscheidung getroffen, deren Weisheit sich erst viel später zeigen sollte. Der Vorstandsvorsitzende Thomas Middelhoff wurde verabschiedet, ausgestattet mit einer Abfindung, über deren Rekordhöhe bis heute gemunkelt wird. Ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag soll es gewesen sein. Das erschien absurd und zugleich verständlich. Schließlich hatte Middelhoff dazu beigetragen, dass sich der Umsatz des Medienkonzerns verdoppelte, und er hatte mit dem Ein- und dann Ausstieg aus der Firma AOL Europe einen höchst lukrativen Deal gemacht - für sage und schreibe 7,5 Milliarden Euro verkaufte Bertelsmann damals seine Anteile.
Dass Middelhoff auch auf die Musik-Tauschbörse Napster gesetzt hatte, die unter Urheberrechtsklagen begraben wurde, erschien hingegen als deutlicher Malus. Und dann wollte er das Familienunternehmen Bertelsmann an die Börse bringen. Da wurde dem Patriarchen Reinhard Mohn (der im Herbst 2009 starb) unheimlich. Und er traf eine Entscheidung, die seinem Konzern das Schicksal ersparte, das Karstadt-Quelle, umbenannt zu Arcandor, unter Middelhoffs Führung nahm - den Untergang.
Aus der Nähe muss Thomas Middelhoff schon damals als jemand erschienen sein, dem alles zuzutrauen war, im Guten wie im Schlechten. Dabei hatte er immer nur eines gemacht: gespielt. Er spielte den visionären Manager, er spielte den Konzernchef, er spielte den Kümmerer und folgte, wie sich jetzt vor Gericht endgültig zeigt, seinen eigenen Spielregeln. In 27 Fällen von Untreue und in drei Fällen von Steuerhinterziehung hat ihn das Landgericht Essen für schuldig befunden und zu drei Jahren Haft verurteilt.
In seinem 2003 erschienenen Buch „Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers“ nannte Reinhard Mohn (an dessen Konzernführung und dem Wirken seiner Frau Liz man auch vieles sehr merkwürdig finden kann) seinen einstigen Ziehsohn nicht ein einziges Mal beim Namen. An einer Stelle findet sich der Satz, „eitle“ Manager seien egoistisch und so gut wie gar nicht zu beeinflussen. Heute wissen wir: Das war untertrieben.