Twitter-Klon :
Warum sich jetzt die Zukunft Blueskys entscheidet

Lesezeit: 3 Min.
Nun zeigt sich, ob Bluesky eine echte Alternative ist: Bot-Operationen wechseln von X nach Bluesky.
In diesen Tagen entscheidet sich, was Bluesky künftig für ein Ort sein wird: Zwei russische Fake-News-Kampagnen haben es auf den Twitter-Klon abgesehen. Jetzt muss die Alternative zu Musks Netzwerk X zeigen, was sie kann.
Merken

Während der X-odus in vollem Gange ist – zuletzt verabschiedeten sich rund 60 Hochschulen, das Bundesumwelt- und Verteidigungsministerium zusammen mit der Bundeswehr, der Hessische Rundfunk und Hertha BSC von Elon Musks Plattform –, migrieren mittlerweile auch unliebsame Accounts vom Kurznachrichtendienst X zu Bluesky, dem Twitter-Klon, der es mittlerweile auf 27,5 Millionen registrierte Accounts bringt. Nun haben es gleich zwei russische Fake-News-Operationen auf das Netzwerk abgesehen, das viele als Alternative zu X feiern.

„Matrjoschka“-Kampagne enttarnt

Eine der Kampagnen, die von Bellingcat und dem Kollektiv „antibot4navalny“, das sich auf die Verfolgung von Desinformationsoperationen spezialisiert, als „Matrjoschka“ identifiziert wurde, startete ihre Blue­sky-Aktivität in der zweiten Januarwoche und nahm vor allem englisch- und französischsprachige Nutzer ins Visier. Bekannt ist die Kampagne seit Januar 2024, bisher hat sie allerdings ausschließlich auf X operiert.

Die für Bluesky offenbar weiterentwickelte Operation verbreitet Deepfake-Videos mithilfe von Bot-Accounts, die immer demselben Ziel folgen: Russland in einem guten Licht dastehen zu lassen, während die westliche Unterstützung für die Ukraine diskreditiert wird. Die Videos folgen alle einem Muster: In der ersten Einstellung zeigen sie Professoren, Studenten oder Experten verschiedener renommierter Universitäten, darunter Cambridge und Harvard, die über den angeblichen Schaden der Ukrainehilfen für den Westen zu sprechen scheinen.

Anschließend folgen inhaltlich passende Videosequenzen, während die vermeintlichen Sprecher die Frage aufwerfen, ob es nicht besser sei, die Unterstützung der Ukraine zu beenden. Der ukrainische Präsident wird als Diktator und Vampir bezeichnet. Bislang ist die Rede von mehreren Dutzend Accounts im Zusammenhang mit „Matrjoschka“.

Ableger der Operation „Doppelgänger“

Die zweite Kampagne, die am vergangenen Freitag erstmals auf Blue­sky in Aktion trat, ist deutlich größer angelegt. Wie zuerst das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ berichtete, handelt es sich dabei mutmaßlich um einen Ableger der Operation „Doppelgänger“, die im vergangenen Jahr vor allem dadurch auffiel, Klone anerkannter Nachrichtenmedien aufzusetzen, um prorussische Propaganda zu verbreiten. Auswärtiges Amt und Verfassungsschutz warnten.

Nun scheint die Kampagne mehrere Tausend Accounts auf Bluesky aufgesetzt zu haben, die alle dem gleichen Schema folgen: einer Kombination aus Vorname und Nachname mit einer Zahlenkombination als Handle, Profilbilder fehlen zumeist, in der „Bio“, also dem persönlichen Profil, steht oft „Heyyy Love“ (immer mit drei y) oder nur eines der beiden Wörter. Die Profile tragen Namen wie Kevin Pike, Sean Begay, Agata Dippel und Carmen Stevens.

Sie haben es bislang auf Antwortbereiche etablierter Accounts abgesehen. Häufig trifft es Journalisten. Die bot-betriebenen Accounts posten auf Deutsch, Englisch, Polnisch, Französisch und Türkisch. Ihre Inhalte sind neben reinen Textformaten, die ebenfalls die Unterstützung der Ukraine anzweifeln, häufig Memes und Karikaturen, die etwa Emmanuel Macron, Olaf Scholz und Wolodymyr Selenskyj als Clowns darstellen oder Trump zeigen, wie er die Ukraineflagge niedertrampelt. Auf den Inhalt des Beitrags, auf den sie antworten, nehmen sie keinen Bezug.

Die Zukunft Blueskys steht auf dem Spiel

Nicht alle diese Bilder sind neu, einige kursierten zuvor schon auf X. Bislang sind diese durch die Gleichartigkeit und Stümperhaftigkeit, mit der die Accounts erstellt sind, leicht als Fakes zu erkennen. Die Moderation von Bluesky hat begonnen, viele der Bots mit dem Label „Spam“ zu markieren, einige würden seit vergangenem Freitag gelöscht. Hinzu kommt, dass auch private Bluesky-Nutzer derzeit Listen der Bot-Accounts erstellen, um es anderen zu ermöglichen, die Propagandamaschinen auf einmal zu blockieren.

In diesen Tagen entscheidet sich, was Bluesky künftig für ein Ort sein wird. Sollte es dem Netzwerk und seiner Community nicht gelingen, diese ersten russischen Desinformations-Testballons abzuwehren, wird auch dort der Diskurs – ähnlich wie auf X – künftig mit noch größeren und vor allem ausgefeilteren Fake-News-Wellen vergiftet werden. Dass sie kommen würden, war mit jedem weiteren Nutzer, der von X zu Bluesky umzog, wahrscheinlicher geworden. Jetzt muss Bluesky, das angetreten ist, die Probleme, die X hat, zu lösen, zeigen, was es kann.

  翻译: