„Bild“ durfte Party zeigen : Mann aus Sylt-Video zieht Berufung vor Gericht zurück
Die „Bild“-Zeitung darf über die „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ rufende Menge, die durch das „Sylt-Video“ in den sozialen Netzwerken im Mai bundesweit bekannt geworden war, berichten und dafür auch einen Ausschnitt des Videos als Foto verwenden, auf dem die Feiernden abgebildet sind. Der Mann, der auf dem Video seinen rechten Arm gehoben und mit der anderen Hand einen „Hitlerbart“ angedeutet hatte, zog am Dienstag seine Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts am Oberlandesgericht München zurück. Damit ist das im Juli 2024 ergangene Urteil des Landgerichts München (Az.: 26 O 7191/24) rechtskräftig.
„Es gab keine Entscheidung des OLG“
Zuvor hatte er gegen die Entscheidung, mit der sein Antrag auf eine einstweilige Verfügung abgelehnt worden und der „Bild“ die Berichterstattung samt Vorname und unzensiertem Bild erlaubt worden war, Berufung eingelegt. Bei der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München in dieser Woche zog er diese jedoch auf Anraten des Senats zurück. Der Senat hatte angekündigt, sich der Rechtsauffassung des Landgerichts anzuschließen.
Anders als mancherorts berichtet, fällte das OLG aber kein Urteil. „Es gab keine Entscheidung des OLG München“, sagt der Sprecher des Gerichts, Tobias Dallmayer im Gespräch mit der F.A.Z., „die Berufung ist zurückgenommen worden“. Das bestätigt auch der Springer-Verlag auf Anfrage.
Urteil des Landgericht rechtskräftig
Damit bleibt die Entscheidung des Landgerichts bestehen. Die Zivilkammer des Landgerichts München I hatte den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung als „unbegründet“ zurückgewiesen. So berühre die identifizierende Berichterstattung zwar das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mannes, dies müsse dieser jedoch „in Abwägung mit dem durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten, im konkreten Fall überwiegenden Berichterstattungsinteresse der Verfügungsbeklagten“ (also der „Bild“-Zeitung) hinnehmen. Auch die Darstellung der Zeitung, dass er „den rechten Arm zum Hitlergruß“ hebe, sei zulässig, „weil sie wahr ist“, auch wenn dies ebenfalls sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berühre.
Der Sprecher der „Bild“-Gruppe begrüßte auf Anfrage, „dass das OLG das öffentliche Interesse wegen der außerordentlichen gesellschaftlichen Relevanz der Vorgänge, die sich auch auf die Identität des Betroffenen erstreckt, uneingeschränkt bestätigt und damit ein klares Zeichen für die Pressefreiheit gesetzt hat“. Man habe jedoch trotz dieser „eindeutigen Entscheidung“ mit Blick auf die Interessen der Betroffenen und das „nachlassende öffentliche Interesse“ darauf verzichtet, diese weiterhin identifizierend zu zeigen. Der Anwalt des Mannes, der den Hitlergruß gezeigt hatte, äußerte sich auf Anfrage nicht.
Im Urteil des Landgerichts vom Juli war es um drei Artikel der „Bild“ von Ende Mai und Anfang Juni 2024 gegangen. Ruft man diese Artikel heute auf, sind die Fotos tatsächlich entfernt worden.