Wallfahrt nach Leicester :
Die Richardrendite

Gina Thomas
Ein Kommentar von Gina Thomas
Lesezeit: 2 Min.
Massenauflauf in Leicester. Die neue Begräbnisort Richard III. wird zur Pilgerstätte für Touristen. Nicht wenige wollen daran mitverdienen.
Wo Touristen sind, kann man Geld verdienen. So ergeht es dem just umgebetteten Richard III., der das Geld, das für seine Grabstätte investiert würde, wieder hereinbringen soll.
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Wenn milder Regen, den April uns schenkt, des Märzes Dürre bis zur Wurzel tränkt..., dann ist auf Wallfahrt Jedermann bedacht, und Pilger ziehn nach manchem fremdem Strande zu fernen Heil’gen, die berühmt im Lande.“ So berichtet Chaucer in seinen „Canterbury Tales“, wie sich eine „Schaar von neunundzwanzig Mann“ von London nach Canterbury aufmacht zum Grabmal Thomas Becketts, „dem heil’gen Hülfespender aller Kranken, dem segensvollen Märtyrer zu danken“. Zu der Pilgergruppe zählt auch der Ablasskrämer mit seinem Sack voll vermeintlicher Reliquien aus Schafsknochen. Dieser Zyniker macht keinen Hehl daraus, dass „mein ganzes Streben ist zu profitiren“.

Heute würde er womöglich als Fremdenführer versuchen, Touristen satte Trinkgelder aus der Tasche zu ziehen. Denn das, was Wallfahrtsreisende damals den Kirchen und Gaststätten einbrachten, wirft in unseren säkularen Zeiten die Tourismusindustrie ab. Über dieses Osterwochenende dürfte für viele Briten ein Ausflug nach Leicester auf dem Programm gestanden haben: zur frisch angelegten Grabstätte Richards III., dessen vor zweieinhalb Jahren gefundenen Gebeine die lokale Wirtschaft ähnlich belebt haben wie im Mittelalter die Entdeckung der Knochen von Heiligen. Der Richardeffekt hilft auch bei der Umsetzung einer seit vielen Jahren geplanten Rockoper: „Richard Rocks“ soll nun im Herbst in London uraufgeführt werden.

Leicester hat sich mächtig ins Zeug gelegt, um dem letzten Plantagenet-König eine angemessene Ruhestätte einzurichten. Die umfassende Neugestaltung des Kirchenraumes in der Kathedrale mit der Verlegung der Chorschranke und der Schaffung eines neuen Altars hat 2,5 Millionen Pfund gekostet, die teilweise durch Spenden gesammelt wurden. Darüber hinaus hat die Stadt vier Millionen Pfund in ein Richard-Besucherzentrum investiert. Es steht neben dem Parkplatz der Gemeindeverwaltung, wo die königlichen Überreste genau unter dem Buchstaben R, der kennzeichnete, dass der Platz für den Wagen des Behördenchefs reserviert sei, ausgegraben wurden. Jetzt muss das viele Geld wieder eingespielt werden. Privatleute versuchen bereits, aus dem Rummel um Richard III. Kapital zu schlagen.

Das Grab war noch nicht zugedeckelt, als schon die ersten Programmzettel der verschiedenen Gottesdienste, die im Rahmen der einwöchigen Umbettungszeremonien abgehalten wurden, im Internet zu Wucherpreisen feilgeboten wurden. Der Domdechant von Leicester hat sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht. Dabei macht die Kathedrale selbst Geschäfte mit Shakespeares Überschurken. Sie verlangt 12,50 Pfund für jeden Satz übriggebliebener Programmzettel aus den drei Gottesdiensten. Der Erlös soll dazu beitragen, den aus dem Umbau resultierenden Fehlbetrag von 200 000 Pfund zu decken. Früher verkaufte die Kirche Ablasszettel, Knochen und Kreuzsplitter. Jetzt behilft sie sich mit Souvenirbroschüren.

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