Jahresbilanz 2024 : Wie die Deutsche Bank ihren Jahresgewinn 2025 verdoppeln will
Die Deutsche Bank wird 2025 ihren Gewinn je Aktie mindestens verdoppeln. Das kündigte Finanzvorstand James von Moltke am Donnerstag auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt an, auf der die Deutsche Bank für 2024 den zweiten Rückgang des Jahresgewinns nacheinander auf 2,7 Milliarden Euro (2023: 4,2) nach Steuern erklären musste. Außerdem lockerte Deutschlands größtes Kreditinstitut sein bisher für 2025 gestecktes Kosten-Ertrag-Verhältnis von 62,5 auf 65 Prozent, was Journalisten fragen ließ, warum die Deutsche Bank sich mit Kostendisziplin dermaßen schwer tue.
Von Bankchef Christian Sewing wollten Journalisten auch wissen, ob er seinen bis April 2026 laufenden Vertrag verlängern will. Noch sei es dafür zu früh, antwortete Sewing. Aber er sagte mehrfach: Am Gewinn des Jahres 2025 und an dem Erreichen des im Jahr 2022 gesteckten Ziels einer Jahresnettoeigenkapitalrendite (Rote) von mindestens 10 Prozent (2024: 4,7) will er sich messen lassen. Aber das Jahr 2025 sei auch nur ein Zwischenschritt. Er arbeite bereits an einer Strategie mit dem Arbeitstitel „Deutsche Bank 3.0“, mit der sich ihre Profitabilität weiter steigern lasse, etwa indem unterdurchschnittliche Geschäftsbereiche aufgegeben und die „Stärken der Deutschen Bank weiter geschärft“ werden. Damit hinterließ der in diesem Jahr 55 Jahre alt werdende Sewing den Eindruck: Er ist für eine Vertragsverlängerung bereit.
Zwei Stunden vor Beginn der Pressekonferenz hatte die Deutsche Bank ihre Geschäftszahlen für das vierte Quartal 2024 veröffentlicht, die von Bankanalysten sehr unterschiedlich von „stark“ (Warburg) bis „enttäuschend“ (etwa KBW und RBC) beurteilt wurden. Die Reaktion der Börse fiel indes eindeutig aus: Die Deutsche-Bank-Aktie verlor am Donnerstagmorgen gut 5 Prozent. Allerdings hat der Kurs seit zwölf Monaten immerhin fast 60 Prozent auf 18,70 Euro zugelegt. Damit kommt die Deutsche Bank auf einen Börsenwert von 36 Milliarden Euro. Andere europäische Banken wie die spanische Santander und die französische BNP Paribas (je 73 Milliarden Euro Börsenwert), die italienische Unicredit (69 Milliarden) oder auch die holländische ING (48 Milliarden Euro) sind indes an der Börse deutlich wertvoller.
Sewing betonte allerdings den Anspruch der Deutschen Bank, „die führende Bank Europas“ zu sein. Auf Nachfrage erklärte er, große Unternehmenskunden suchten als Alternative zu US-Banken eine europäische Bank mit starkem globalen Kapitalmarktgeschäft – wie es die Deutsche Bank habe. Bei der Profitabilität müsse die Deutsche Bank zu europäischen Konkurrenten aufholen, gab Sewing zu. Deren oft höhere Börsenwerte erwähnte er nicht.
Klare Haltung zur AfD
Gefragt, was er sich von der nächsten Bundesregierung erwarte, antworte Sewing, er habe nur einen Wunsch: Dass sie handlungsfähig und reformwillig aus der parlamentarischen Mitte gebildet wird und Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in den Vordergrund stellt. Gegen die AfD grenzte sich Sewing scharf ab. Das Wirtschaftsprogramm dieser Partei mit „weniger Europa“ sei „gefährlich für Deutschland“.
An der Haltung der Deutschen Bank zu Klimafinanzierungen und Vielfaltsförderprogrammen für die Belegschaft habe sich nichts geändert, sagte Sewing. Die Deutsche Bank habe davon profitiert, werde sich aber an den Rechtsrahmen halten, sollte er etwa in den USA geändert werden, sagte Sewing zu möglichen Folgen der Politik des neuen US- Präsidenten Donald Trump.
Erträge hoch, Kosten runter
Breiten Raum nahm auf der Pressekonferenz die Frage ein, mit welchem genauen Mix aus Ertragssteigerungen und Kostensenkungen die Deutsche Bank ihren Gewinn von 2024 im Jahr 2025 verdoppeln will. Nachdem seit 2021 die Erträge jedes Jahr im Schnitt um 6 Prozent wuchsen und 2024 das Ziel von 30 Milliarden Euro an Konzernerträgen erreicht wurde, sollen es 2025 nun 32 Milliarden Euro werden. Analysten trauen der Deutschen Bank bisher nur 31 Milliarden Euro zu. Von Moltke deutete an, dass er sogar Potential für mehr als 32 Milliarden Euro an Konzernerträgen sieht: Die Deutsche Bank plane mit einem Wechselkurs von 1,10 Dollar je Euro, derzeit ist der Euro weniger wert. Da die Deutsche Bank mehr Einnahmen in Dollar als Kosten in Dollar habe und dieses Währungsrisiko nicht absichere, profitiere sie von einem schwachen Euro, erklärte der Finanzvorstand.
Die höchsten Ertragszuwächse sollen auch 2025 die Investmentbanker liefern. Aus dieser Sparte kamen schon 2024 mehr als ein Drittel der Konzernerträge. Nie seien die Investmentbanking-Einnahmen in einem vierten Quartal höher gewesen als 2024, hieß es. Die Deutsche Bank hat gegen den Trend in der Niedrigzinsphase eingestellt, nun boomt gerade das Handelsgeschäft mit Anleihen und Währungen (FIC), das allein ein Viertel der Konzernerträge generiert und wo die Deutsche Bank ihren Marktanteil 2024 um 0,5 Prozentpunkte ausbaute und 2025 weiter auf mehr als 3 Prozent steigern will. Es sei richtig gewesen, zu investieren und das 2021 ursprünglich ausgegebene Kostenziel zu verwerfen und auch für 2025 die Kosten-Ertrag-Quote aufzuweichen, sagte Sewing angesichts höher als erwartet ausfallender Erträge. Der Januar 2025 sei sehr gut gelaufen und gebe Zuversicht fürs Gesamtjahr.
Am undurchsichtigsten in der Deutsche-Bank-Bilanz sind wohl Kosten und Risiken. Hier entsteht der Eindruck, dass die Deutsche Bank viel in das vierte Quartal 2024 „gepackt“ hat, um nach Sewings Worten mit einer „sehr sauberen Bilanz“ und „fundamentaler Stärke“ in das für den Vorstandschef entscheidende Jahr 2025 zu gehen. So buchte die Deutsche Bank zu den bekannten 900 Millionen Euro aus Vergleichen mit Postbank-Altaktionären weitere 800 Millionen Euro an Rechtskosten, darunter 500 Millionen Euro für Franken-Kredite in Polen. Für das Russlandgeschäft stellte sie 100 Millionen Euro zurück, in der Hoffnung, dass dieses Geld 2025 zurückkommt und dann den Gewinn hebt. Allein im vierten Quartal 2024 fielen die Rechtskosten mit mehr als 650 Millionen um rund 200 Millionen Euro höher aus als von Analysten erwartet. Die größten Rechtsrisiken liegen nach Ansicht von Beobachtern nun noch in Folgen der Qualitätsmängel der Postbank, in der Finanzierung von Cum-Ex-Geschäften und im US-Geschäft. Sewing zeigt sich aber überzeugt, dass die Deutsche Bank 2024 ihre Rechtsrisiken deutlich reduziert hat.
Entlastung erwartet die Deutsche Bank 2025 auch im Kreditgeschäft. Nach 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2024 kalkuliert Finanzvorstand von Moltke nur mit 1,5 Milliarden Euro an Risikovorsorge für 2025. Die Unsicherheit sei zwar hoch, das laufende Jahr werde nach zwei Rezessionsjahren in Deutschland und steigenden Insolvenzjahren kein normales Jahr. Aber von Moltke sieht die Talsohle im US-Gewerbeimmobilienmarkt als durchschritten an. Alles in allem plant der Vorstand offenbar grob, dass die Deutsche Bank die Gewinnverdoppelung schafft, indem 2025 die Erträge um 2 Milliarden Euro steigen und die Rechtskosten um rund eine Milliarde Euro abnehmen.
Die Aktionäre sollen davon wie erwartet profitieren. 68 Cent je Aktie will die Deutsche Bank im Mai 2025 an Dividende zahlen. Für 750 Millionen Euro sollen eigene Aktien gekauft und dann eingezogen werden, um die Rendite auf das Eigenkapital zu heben. Bei gutem Geschäftsverlauf könne es sogar ein weiteres Aktienrückkaufprogramm in diesem Jahr geben, sagte Sewing.