28 Verdächtige verhaftet : Großes Kokainlabor in Spanien entdeckt

Um ihr Rauschgift an Kontrollen vorbeizuschmuggeln, verlegen Kokainhändler Teile der Produktion nach Europa. Nun wurde eine kolumbianisch-spanische Bande zerschlagen. Sie hatte die Droge in flüssiger Form in Pappe injiziert.
In Spanien hat die Polizei eine Bande zerschlagen, die Kokain in Kartons geschmuggelt haben soll – allerdings nicht in deren Innerem, sondern in der Pappe selbst. Dazu injizierten die Drogenhändler flüssige Kokainbase in Pappkartons. Diese wurden dann mit Obst gefüllt und in Seecontainern aus Kolumbien nach Málaga verschifft.
Kokainbase ist ein Zwischenprodukt des aus den Blättern des Kokastrauchs hergestellten kristallinen Rauschgifts. Um die Base wieder aus der Pappe extrahieren und schließlich zu dem weißen Pulver weiterverarbeiten zu können, richteten die Schmuggler in Spanien ein Labor ein. Es war auf einer großen Finca nicht weit von Toledo versteckt, zwischen Verschlägen und Ställen zur Viehzucht. Wie die Ermittler jetzt mitteilten, hatten sie dort schon im Juni neben Dutzenden Kilogramm Kokain und Kokainbase auch mehr als 3000 Liter Chemikalien entdeckt, die für die Verarbeitung notwendig sind.
„Kokain wird jetzt in hochmodernen Anlagen auf unserem Kontinent hergestellt“
Boss der Bande soll ein früheres Mitglied des „Bloque Central Bolívar“ gewesen sein, einer paramilitärischen Gruppe, die um die Jahrtausendwende in Kolumbien zahlreiche Massaker und andere Menschenrechtsverletzungen begangen haben soll. Die Familie des „ehemaligen Auftragskillers“ , so die Ermittler, verantwortete die Weiterverarbeitung der Kokainbase in dem Labor. Insgesamt nahmen die spanische und die kolumbianische Polizei gemeinsam mit Europol 28 Verdächtige fest.

„Kokain kommt nicht mehr nur als gebrauchsfertiges Produkt in Europa an, sondern wird jetzt in hochmodernen Anlagen auf unserem Kontinent hergestellt“, sagte Europol-Sprecher Jan Op Gen Oorth der F.A.Z. „Die Zerschlagung von Laboren sowie große Beschlagnahmungen von Chemikalien und Kokainbase wie bei dieser Operation unterstreichen diesen wachsenden Trend.“ Das zeige auch, wie der anhaltende Druck der Strafverfolgungsbehörden kriminelle Netzwerke dazu zwinge, ihre Methoden zu ändern.

Schon seit Jahren steigt die Menge des in Europa beschlagnahmten Kokains immer weiter an. 2022 war mit insgesamt 323 Tonnen das sechste Rekordjahr in Folge. Im vergangenen Jahr wurden allein in Deutschland rund 45 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Im Hafen von Antwerpen waren es 116, in den niederländischen Häfen wie Rotterdam knapp 60 Tonnen.
Überall in Europa entdecken die Ermittler laut Europol außerdem Kokainlabore. Ihre Kapazität und Professionalität nimmt immer weiter zu. Ein typisches Trägermaterial für den Schmuggel ist dabei Holzkohle, aber auch Textilien werden mit flüssiger Kokainbase getränkt. Im hessischen Florstadt entdeckte der Zoll erst vor wenigen Wochen sieben Tonnen Heizpellets aus Kolumbien, die Kokainbase enthielten. Die Drogenspürhunde hatten sich auch durch die raffinierte Tarnung nicht überlisten lassen.