Er wollte nicht fliegen : Klimaforscher einigt sich mit Institut in Kiel

Gianluca Grimalda hatte sich geweigert, von einem Forschungsaufenthalt in Papua-Neuguinea zurückzufliegen – er wollte langsam reisen, um das Klima zu schützen. Nun nimmt sein Institut die fristlose Kündigung zurück.
„Ich bin traurig und glücklich zugleich“, sagt Gianluca Grimalda. „Traurig, weil ich einen Job verloren habe, den ich liebte.“ Glücklich, weil der Richter implizit anerkannt habe, dass es unmöglich sei, einen Mitarbeiter zu entlassen, weil er sich weigere, ein Flugzeug zu nehmen. Nun hoffe er, dass sein Fall andere dazu inspiriere, sich ebenfalls für eine Abkehr von fossilen Brennstoffen einzusetzen, so Grimalda zur F.A.Z.
Die Geschichte des Forschers ging im Herbst 2023 um die Welt: Sechs Monate lang war er auf einem Forschungsaufenthalt in Papua-Neuguinea gewesen. Auf der Insel Buka war er der Frage nachgegangen, welche Folgen Globalisierung und Klimawandel auf Dorfgemeinschaften haben. Danach weigerte er sich aus Klimaschutzgründen, zu seinem Arbeitgeber, dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), zurückzufliegen. Seine Rückreise hatte sich aus Sicherheitsgründen und wegen Visaproblemen verzögert.
Nachdem er zu einem vereinbarten Termin nicht in Kiel erschienen war, ordnete das IfW die Rückreise per Flugzeug an. Schon die Hinreise hatte er, als Anhänger der klimaschonenden Slow-Travel-Bewegung, weitgehend mit Bahn, Bus und Schiff hinter sich gebracht und so nach eigenen Angaben 6,7 Tonnen Kohlendioxid eingespart. Das IfW beendete dann seinen Forschungsvertrag.
Grimalda erhält eine Abfindung
Grimalda legte Klage ein; im folgenden Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht Kiel nun nach Angaben des Forschers einen Vergleich vorgeschlagen, den er akzeptierte. Der Vergleich sieht demnach vor, dass der Vertrag aufgrund unvereinbarer ideologischer Überzeugungen zwischen den Parteien beendet wird. Die fristlose Kündigung werde durch das IfW aufgehoben, so Grimalda, auch werde das Institut ihn von jeglichem Vertragsbruch freistellen.
Grimalda stimmte einer Abfindungszahlung durch das IfW zu, deren Höhe vertraulich ist. Doch beabsichtigt der Forscher eigenen Angaben nach, rund 60.000 Euro an Bewegungen oder Vereine zu spenden, die den Klimaschutz fördern. Grimaldas Anwalt, Jörn A. Broschat, teilte mit: Der Fall stelle einen Meilenstein in der Debatte über die Rechte der Mitarbeiter dar, im Rahmen ihrer beruflichen Pflichten für ihre Klimaprinzipien einzutreten.
Grimalda hat laut eigenen Angaben zuletzt bei der Suche nach einer neuen Forschungsstelle keinen Erfolg gehabt. Alle Bewerbungen, die er im vergangenen Jahr eingereicht habe, seien erfolglos gewesen. Trotzdem sei er entschlossen, seine Forschung fortzusetzen. Er werde in diesem Jahr wieder „langsam“ nach Papua-Neuguinea reisen, um die Anpassung der lokalen Bevölkerung an den Klimawandel weiter zu untersuchen. „Sobald ich zurück bin, werde ich meine Arbeit als Klimaaktivist wieder aufnehmen.“