Überschwemmung in Zentralasien : Auch in Kasachstan fliehen Zehntausende vor den Fluten

Mindestens zwei Menschen sind umgekommen. Anders als Putin hat Kasachstans Präsident die Flutgebiete besucht und von der wohl größten Naturkatastrophe seit mehr als 80 Jahren gesprochen. In Russland protestieren derweil Betroffene.
Nicht allein südrussische Gebiete sind von Überschwemmungen schwer getroffen, auch in Kasachstan fliehen Tausende Menschen vor Wassermassen. Dort teilte der Katastrophenschutz mit, seit Freitag hätten mehr als 33.000 Menschen das westkasachische Kulsary verlassen müssen, mehr als die Hälfte der Einwohner der Stadt. Manche sind zu dem rund 80 Kilometer entfernten Ölfeld Tengis gebracht worden, wo viele Einwohner von Kulsary arbeiten.
Nördlich der Stadt ist der Fluss Emba, kasachisch Schem, über die Ufer getreten, ein Kanal verläuft durch die Stadt. Mindestens zwei Männer sind in Kulsary ums Leben gekommen, die versucht hatten, mit einem Trecker ein Haus zu erreichen.
In Westkasachstan sind acht Viehgräber sowie 14 Stätten überflutet, an denen Asche von an Milzbrand verendeten Tieren gelagert wird. Behörden beschrieben die Lage aber als „stabil“. Auch die 230 Kilometer westlich von Kulsary gelegene Gebietshauptstadt Atyrau, wo mehr als 315.000 Menschen leben, bereitet sich auf die Fluten vor. Sie liegt am Fluss Ural, kasachisch Schajyq, der in Russland entspringt und dort etwa Teile der Stadt Orsk im Orenburger Gebiet unter Wasser gesetzt hat, nachdem aus einem Stausee viel Wasser abgelassen worden war.
Die Flut hat auch schwere wirtschaftliche Folgen
In Orsk ist ein Damm an mehreren Stellen gebrochen. Der Direktor des Unternehmens, das ihn 2014 baute, nannte „Nager“ als mögliche Ursache, die den Damm „durchlöchert“ haben könnten. Die Flut hat auch schwere wirtschaftliche Folgen. So musste eine Ölraffinerie in Orsk ihren Betrieb einstellen; als eine der größten Raffinerien in Russland entfallen auf sie laut Fachleuten eineinhalb bis zwei Prozent der Treibstoffproduktion. Da andere Raffinerien nach Drohnenattacken, mit denen sich die Ukraine im russischen Angriffskrieg wehrt, den Betrieb einstellen mussten und die Benzinherstellung bis Ende März offiziell um 14 Prozent zurückgegangen ist, wiegt der Ausfall besonders schwer; laut der Nachrichtenagentur Reuters hat Russland Kasachstan gebeten, für den Notfall 100.000 Tonnen Benzin bereitzuhalten.
Am Montag protestierten zahlreiche Orsker, denen angekündigte Entschädigungen von umgerechnet rund 1000 Euro für völligen und 500 Euro für teilweisen Eigentumsverlust zu gering waren, im Zentrum der Stadt. „Putin, hilf!“, appellierten sie an ihren Präsidenten und erreichten ein Treffen mit dem Gebietsgouverneur, der ihnen Entschädigung „zu Marktpreisen“ und einen „neuen Damm“ versprach.
