Folge der „Ibiza“-Ermittlungen : Frühere Ministerin zu Bewährungsstrafe verurteilt
In einem Betrugsprozess als Folge der „Ibiza“-Ermittlungen ist am Dienstag in Wien die frühere österreichische Familienministerin Sophie Karmasin in einem Teil der Anklage schuldig gesprochen worden. Sie wurde zu einer Haftstrafe von 15 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Karmasin hatte sich nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung 2017 wieder in ihrem früheren Beruf als Markt- und Meinungsforscherin betätigt und dabei nach den Feststellungen des Gerichts zu wettbewerbswidrigen Absprachen angestiftet. Vom Vorwurf des schweren Betrugs wurde sie hingegen freigesprochen.
Bliebe es dabei, so wäre es die erste rechtskräftige Verurteilung in einer der unzähligen Ermittlungen, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Folge der „Ibiza-Affäre“ aufgenommen hat. Die parteilose Unternehmerin war 2013 durch den damaligen ÖVP-Vorsitzenden und Vizekanzler Michael Spindelegger in die Regierung berufen worden.
Scheinangebote unterboten
Die Anklage hatte Karmasin vorgeworfen, mehrmals Aufträge des Sportministeriums akquiriert zu haben, indem sie andere Firmen zu Scheinangeboten veranlasste und diese dann unterbot. Dem folgte das Gericht. Ein ebenfalls angeklagter Beamter des Sportministeriums wurde hingegen freigesprochen, weil ihm bewusst rechtswidrige Handlungen nicht nachzuweisen seien.
Angeklagt war Karmasin auch, weil sie zunächst ihre Einnahmen verschwieg und dadurch zu Unrecht Übergangsgeld kassierte. Diese Fortzahlungen stehen ausscheidenden Kabinettsmitgliedern für ein halbes Jahr zu, es sei denn, sie erzielen anderweitig Einnahmen. Das Gericht befand nun, es sei „zweifellos“ erwiesen, dass sie wissentlich und mit Absicht das Geld zu Unrecht bezog. Aber sie sei wegen tätiger Reue freizusprechen, weil sie „gerade noch rechtzeitig“ den Betrag zurückgezahlt habe.
Gegen Karmasin ausgesagt hatte ihre frühere Mitarbeiterin Sabine Beinschab, die ein eigenes Meinungsforschungsunternehmen gegründet hatte, als ihre Chefin in die Politik ging. Im Zuge der Ermittlungen der WKStA gegen den früheren Bundeskanzler und ÖVP-Politiker Sebastian Kurz in der Inseratenaffäre wurde das in internen Chats so bezeichnete „Beinschab-Österreich-Tool“ bekannt: Ein Dreiecksgeschäft, bei dem laut Verdacht der Ermittler Umfragen im Sinne von Kurz auf Kosten des Finanzministeriums, also des Steuerzahlers, bei Beinschab beauftragt und in dem Boulevardblatt „Österreich“ platziert wurden. Kurz und die Mediengruppe „Österreich“ haben die Vorwürfe zurückgewiesen.