Neuseeland : Regierungschef entschuldigt sich bei Missbrauchsopfern

Vergewaltigungen, Elektroschocks, Sterilisation: Bis zu 200.000 Menschen in Obhut von Staat und Kirche wurden in Neuseeland missbraucht. „Es hätte nie passieren dürfen“, sagt Ministerpräsident Luxon nun. Manche zweifeln an seiner Aufrichtigkeit.
„Es war falsch. Und es hätte nie passieren dürfen.“ Er äußerte auch sein Bedauern darüber, dass besonders viele Maori und Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen unter den Opfern seien.
Opfer waren im Parlament anwesend
Luxon sprach auch eine Entschuldigung für die mangelhafte staatliche Aufsicht in den Einrichtungen und die fehlende juristische Aufklärung des Missbrauchs aus. „Es tut mir leid, dass man ihnen nicht geglaubt hat, als sie sich gemeldet haben, um ihren Missbrauch zu melden. Es tut mir leid, dass viele Umstehende – Mitarbeiter, Freiwillige und Betreuer – weggesehen und es versäumt haben, den Missbrauch zu stoppen oder zu melden.“
Einige der Opfer waren im Parlament anwesend, Hunderte weitere verfolgten die Entschuldigung per Livestream. Manche sahen die Aktion kritisch und sprachen von einem „PR-Stunt“. „Es sind nur Worte, solange sie nicht durch etwas Greifbares untermauert wird“, sagte die Indigene Tu Chapman dem Sender Radio New Zealand. Als Betroffene hatte die Maori am Dienstag ebenfalls im Parlament gesprochen.
Die Entschuldigung resultiert aus der Untersuchung, die im Juni ihren Bericht vorgelegt hatte. Der Kommission zufolge waren zwischen 1950 und 1999 bis zu 200.000 Menschen in staatlichen und religiösen Betreuungseinrichtungen Opfer körperlicher und sexueller Gewalt geworden. Die Untersuchung war die „größte, längste und komplexeste“ in der Geschichte Neuseelands, sagte Luxon. Mehr als 2300 Personen hatten über ihre Missbrauchserfahrungen Auskunft gegeben. Sie berichteten über Vergewaltigungen, Elektroschocks, Sterilisation und das Einsperren in Isolationsräumen.
Dem Bericht zufolge trat sexueller Missbrauch besonders häufig in religiösen Einrichtungen der katholischen Kirche auf. Die Kommission hatte deshalb auch den Papst zu einer Entschuldigung aufgefordert. Die Kommission sprach 138 Empfehlungen aus, von denen Luxon zufolge bisher 28 ganz oder teilweise umgesetzt wurden. Der Regierungschef kündigte Investitionen von zusätzlichen 32 Millionen Neuseeländischen Dollar an, um das bestehende Entschädigungssystem zu verbessern und die Grundlage für ein neues zu schaffen. Außerdem würden zwei Millionen Dollar für einen Fonds zur Unterstützung privater Organisationen bereitgestellt, die sich für die Belange der Missbrauchsopfer einsetzen.