Rede Macrons in Versailles : Die Stunde des republikanischen Monarchen

Kritiker sehen die Rede des französischen Präsidenten an die Nation als Affront gegen seinen Regierungschef Philippe. Doch dieser sieht Macron in einer großen Tradition.
Wenn die Federbüsche auf den Helmen der Garde Républicaine am Montagnachmittag vor dem Schloss des Sonnenkönigs in Versailles flattern, dann schlägt die Stunde des neuen republikanischen Monarchen Emmanuel Macron.
Der 39 Jahre alte Präsident hat just 24 Stunden vor der ersten Regierungserklärung seines Premierministers Edouard Philippe alle Parlamentarier zu einer „Rede an die Nation“ nach Versailles geladen. Das ist ein klarer Verstoß gegen die bisherigen demokratischen Gebräuche. „Amerikanisierung“ stöhnte ein Teil der Presse. Weil Macron den früheren amerikanischen Präsidenten Barack Obama bewundere, wolle er den Franzosen eine „State of the Union“-Rede aufzwingen, meckerte „Le Point“. Im „Le Figaro“ argwöhnten die Kommentatoren noch Schlimmeres: Macron wolle seinen Premierminister von der bürgerlichen Rechten politisch mundtot machen. Damit treibe es der Präsident toller als einst Nicolas Sarkozy. Dieser hatte seinen Premierminister François Fillon einen „Kollaborateur“ geschimpft und ihn damit zu einem gewöhnlichen Mitarbeiter degradiert. Der Premierminister teilte indessen mit, er stehe über dieser Debatte. „Der Präsident hat mich darüber informiert, es ist alles abgesprochen“, sagte er. „Glauben Sie etwas, der General de Gaulle hätte seinen Premierminister um Erlaubnis gefragt, sich an die Nation zu wenden“, fragte der Regierungschef.