Niedersachsen-Kommentar :
Rot-Grün spielt die Opferkarte

Jasper von Altenbockum
Ein Kommentar von
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Hat miese Laune: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil

Natürlich ist die Wut bei Rot-Grün in Niedersachsen groß. Doch die Selbststilisierung zum Opfer ist fehl am Platze. Denn die Koalition war sich ihres großen Risikos bewusst.

Es scheint der rot-grünen Koalition in Hannover wichtig zu sein, nicht als Täter, sondern als Opfer in den Wahlkampf zu ziehen. Mehr noch: Auch die Wähler, die 2013 den Landtag gewählt haben, sollen sich betrogen fühlen – als Opfer einer Intrige der Opposition. Wie aber SPD, Grüne und Ministerpräsident Stephan Weil zu der Auffassung kommen, die CDU verfälsche den Wählerwillen, wenn ihre Fraktion eine ehemalige Grüne aufnimmt und damit die Einstimmenmehrheit der Koalition stürzt, ist eine Lehrstunde in gut kaschiertem Machtwillen. Auf die Spitze trieb es in der Landtagsdebatte vom Donnerstag die SPD-Fraktionschefin Johanne Modder: „Über Mehrheiten sollen Wähler entscheiden und nicht einzelne, persönlich enttäuschte Abgeordnete.“

Daraus spricht ein seltsames Verständnis von „legitimer“ Demokratie. Es setzt nämlich voraus, dass die einzig legitime Mehrheit der Wähler 2013 eine rot-grüne Koalition gewollt habe. Hätte es aber nicht mindestens so sehr dem Wählerwillen entsprochen, wenn die mit Abstand stärkste Partei, die CDU, mit den Grünen oder mit der SPD koaliert hätte? Das hätte nur den Nachteil gehabt, dass Weil nicht Ministerpräsident geworden wäre. Wie auch immer: Es waren nicht die Wähler, die eine Koalition gebildet haben. Es waren die Parteien. Es entspringt deshalb auch allein Parteien-Logik, wenn einer „Überläuferin“ (leben wir noch im Kalten Krieg?) vorgeworfen wird, sie füge der Demokratie Schaden zu. Der Logik repräsentativer Demokratie entspricht es nicht.

Zwar lässt sich darüber streiten, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn Elke Twesten ihr Mandat niedergelegt hätte und ein Grünen-Politiker ins Parlament nachgerückt wäre. Schließlich ist Twesten nur dank der Grünen Abgeordnete geworden. Dennoch: Sie hat für sich gekämpft, nicht nur für die Partei. Einem Kandidaten soll schließlich nicht nur deshalb Vertrauen geschenkt werden, weil er einer bestimmten Partei angehört und dem sprichwörtlichen Sandsack gleicht. Ist Elke Twesten plötzlich eine schlechte Abgeordnete mit ganz neuen Ansichten, weil sie die Fraktion gewechselt hat? Zugegeben: soweit die Theorie vom freien Mandat. In der Praxis, da hat Weil recht, geht es um Stabilität und Regierungsfähigkeit. Das Risiko einer Einstimmenmehrheit ist aber nicht der Wähler, sondern ganz allein er selbst eingegangen. Deshalb macht es sich nicht so gut, als Opfer in den Wahlkampf ziehen zu wollen.

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