Sipplingen am Bodensee :
800.000 Euro für ein baufälliges Flüchtlingsheim

Von Rüdiger Soldt, Stuttgart
Lesezeit: 2 Min.
Die Gemeinde Sipplingen am Bodensee in Baden-Württemberg
Im Bodenseekreis mietete das Landratsamt ein Flüchtlingsheim an. Weil es baufällig war, zog keiner dort ein. Trotzdem kostete es Hunderttausende Euro. Wie kam es dazu?

Wenn Politiker im Krisenmodus entscheiden, machen sie Fehler: Das war beim Ankauf mangelhafter Masken während der Pandemie so, das war 2015 nicht anders, als aus den syrischen Kriegsgebieten in vielen Kommunen über Nacht Tausende Flüchtlinge aufgenommen werden mussten.

Im baden-württembergischen Bodenseekreis ist nun aus der Flüchtlingskrise eine Fehlentscheidung des dortigen Landratsamtes öffentlich geworden: 2015 hatte der Landkreis unter Führung des damaligen Landrats Lothar Wölfle (CDU) in Sipplingen das frühere „Hotel Adler“ zur Flüchtlingsunterbringung angemietet. Es wurde damals offenbar ein Mietvertrag über einen Zeitraum von zehn Jahren abgeschlossen – die monatliche Kaltmiete betrug 6400 Euro.

Dann stellte sich aber aufgrund eines 40.000 Euro teuren Gutachtens heraus, dass das Gebäude nicht sanierungsfähig war. 2015 hatte der Landkreis 1823 und 2016 dann 1023 Flüchtlinge aufnehmen müssen – in dem Hotel in der Gemeinde Sipplingen kam nicht einer von ihnen unter. Das wäre nur möglich gewesen, wenn das Gebäude für 530.000 Euro saniert worden wäre.

Landratsamt wollte Zahlen nicht herausgeben

Die Zeitung „Südkurier“ wollte wissen, wie teuer die Fehlentscheidung für die Steuerzahler war. Das Landratsamt gab keine Zahlen heraus, die Zeitung musste erst vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen klagen, sie bekam im Februar recht.

„Wir reden hier nicht über Spiel und Spaß. Nach der Gerichtsentscheidung haben wir die Zahlen im Juli veröffentlicht. Es ist das einzige Objekt, das wir angemietet haben und nicht genutzt werden konnte“, sagte ein Sprecher des Landratsamts. Im Mai schloss das Landratsamt mit dem Vermieter einen Auflösungsvertrag und musste eine hohe Abschlagszahlung begleichen. Am Ende kostete die Anmietung rund 800.000 Euro.

Seit 2022 nahm der Landkreis weitere 3000 Menschen aus der Ukraine auf, 1115 kamen in Not- und Gemeinschaftsunterkünften unter, 720 weitere Flüchtlinge kamen im vergangenen Jahr aus Nigeria, Syrien und der Türkei. Wenn die Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung für Flüchtlinge abnehmen sollte, könnte das auch an solchen Fehlentscheidungen liegen.

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