Neuer Hamas-Chef Sinwar :
Ein Hardliner an der Spitze

Franca Wittenbrink
Ein Kommentar von Franca Wittenbrink
Lesezeit: 2 Min.
Yahya Sinwar am 24. Mai 2021 in Gaza Stadt
Die Ernennung Yahya Sinwars zum neuen Hamas-Anführer ist eine Kampfansage an Israel und seine Verbündeten. Ein Waffenstillstand und ein Geiseldeal rücken damit in noch weitere Ferne.
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Yahya Sinwars Ernennung zum neuen Chef des Politbüros der Hamas hat zunächst einmal symbolischen Charakter. Schon zuvor war der Anführer der Terrororganisation im Gazastreifen einer der mächtigsten Männer der Hamas gewesen, wichtige Entscheidungen waren ohne seine Zustimmung kaum möglich. Dass der Planer des blutigen Massakers vom 7. Oktober nun auch offiziell an der Spitze der Organisation steht, ist trotzdem eine denkbar schlechte Nachricht – sowohl für die israelische als auch für die palästinensische Bevölkerung.

Die Hamas macht mit seiner Ernennung klar, in welche Richtung sie sich entwickelt. Auch Sinwars Vorgänger Ismail Haniyeh, der in der vergangenen Woche in Teheran getötet wurde, hatte den Terrorüberfall vom 7. Oktober stets gepriesen, das Existenzrecht Israels nie anerkannt. Dennoch galt er zumindest vergleichsweise als pragmatisch. Sinwar ist ein Hardliner, der den schon länger aufstrebenden, militärischen Flügel der Hamas in Gaza vertritt – und damit den radikalsten.

Versteckt in den Tiefen der Tunnel in Gaza

Für die Gespräche zwischen Israel und der Hamas über eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln bedeutet das nichts Gutes. Zum Scheitern der Verhandlungen dürfte in der Vergangenheit nicht zuletzt der israelische Ministerpräsident selbst beigetragen haben, dessen politisches Überleben maßgeblich von einem Fortgang des Krieges abhängt. Dass auf der anderen Seite des Verhandlungstisches nun ein Mann sitzt, der schon länger auf eine regionale Eskalation hinarbeitet und selbst für die Verhältnisse einer islamistischen Terrororganisation als radikal gilt, macht die Sache nicht leichter. Ganz abgesehen davon, dass bislang kaum vorstellbar ist, wie Sinwar aus seinem mutmaßlichen Versteck in den Tiefen der Tunnel in Gaza überhaupt an Gesprächen teilnehmen will.

Die Kampfansage, die die Hamas mit der Entscheidung über die Nachfolge Haniyehs an Israel und seine Verbündeten sendet, ist jedenfalls eindeutig: Schlagt ihr der Schlange den Kopf ab, wachsen ihr zwei neue nach.

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