Beschuss auf Blauhelmsoldaten :
EU-Staaten gehen Israels Vorgehen scharf an

Von F.A.Z.-Autoren
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Fahrzeuge der UNIFIL in Südlibanon
Der italienische Verteidigungsminister spricht bereits von möglichen Kriegsverbrechen Israels, während Spanien ein Ende der Rüstungslieferungen fordert. Doch Israel scheint sich davon nicht abhalten zu lassen.

Nach den israelischen Angriffen auf die UNIFIL-Blauhelmsoldaten im Süden Libanons hat das ständige Sicherheitsratsmitglied Frankreich in enger Rücksprache mit Italien eine Dringlichkeitssitzung der wichtigsten Truppensteller einberufen. Nächste Woche soll bei einer Videokonferenz das weitere Vorgehen geklärt werden. Italiens Verteidigungsminister Guido Crosetto warf Israel „schwerwiegende Verletzungen des internationalen Rechts“ vor, die durch keine militärische Notwendigkeit gerechtfertigt seien. Möglicherweise handele es sich dabei um „Kriegsverbrechen“, sagte Crosetto am Donnerstagabend in Rom. Italien verlange von Israel so schnell wie möglich eine Erklärung.

Das israelische Vorgehen wurde auch von dem französischen Außenminister Jean-Noël Barrot scharf verurteilt. Er teilte mit, er erwarte eine „Klärung“ durch die israelische Regierung. Frankreich ist für die schnelle Eingreiftruppe der UNIFIL verantwortlich. Indonesien, Ghana und Spanien stellten die meisten Blauhelmsoldaten, hieß es in Paris. Auch Italien und Frankreich sind wichtige Truppensteller.

Das Auswärtige Amt hat den Beschuss von Blauhelmsoldaten durch das israelische Militär ebenfalls verurteilt. Israel habe das Recht, sich gegen die Gefahr und den Beschuss der Hizbullah zu wehren, sagte ein Sprecher des Außenamts am Freitag in Berlin. „Der Beschuss von Friedenstruppen der Vereinten Nationen ist aber in keinerlei Weise akzeptabel und hinnehmbar“, sagte er.

Bundeswehr zieht Soldatan aus Libanon ab

Die Bundeswehr ist noch mit rund 150 Soldaten vor allem am maritimen Einsatz der UNIFIL beteiligt, durch den unter anderem Waffenschmuggel an der Seegrenze Libanons verhindert werden soll. Die Bundeswehr hat ihr Personal an der UN-Friedenstruppe UNIFIL in den vergangenen Tagen jedoch reduziert. „Wir haben in den letzten Wochen und Tagen das Kontingent kontinuierlich leicht abschmelzen lassen“, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Die Soldaten, die noch in Libanon seien, befänden sich im UN-Hauptquartier in Naqoura, das an der Küste nahe der israelischen Grenze liegt.

Am Freitag hatte UNIFIL berichtet, dass das Hauptquartier in Naqoura zum zweiten Mal innerhalb von 48 Stunden unter israelischen Beschuss geraten war. Insgesamt wurden dabei vier UN-Soldaten verletzt, einer davon schwer. Zudem machte UNIFIL eine Reihe von Vorfällen öffentlich, in denen die israelische Armee gegen UN-Einrichtungen vorgegangen war. So hätten israelische Militärbulldozer am Freitag Betonmauern an einem UNIFIL-Posten eingerissen.

Ein israelischer Armeesprecher bedauerte am Freitag, dass Blauhelme zu Schaden gekommen seien. Er versicherte, das israelische Militär sei tief besorgt über derartige Vorfälle. Die Abläufe würden von der obersten Kommandoebene überprüft.  In dem komplexen Gefechtsumfeld, in dem die Hizbullah auch UN-Einrichtungen als Schutzschilde verwende, bemühe sich die Armee darum, derartige Vorfälle zu vermeiden.

Sánchez und Borrell gegen weitere Waffenlieferungen an Israel

Israel hatte UNIFIL im Vorfeld der Gefechte informiert und angewiesen, in geschützten Anlagen zu bleiben. Zu der Aufforderung, die UNIFIL-Stützpunkte zu evakuieren und an einen sicheren Ort zu verlegen, sagte Italiens Verteidigungsminister Crosetto am Donnerstag, die Vereinten Nationen und Italien nähmen keine Anweisungen Israels entgegen. Crosetto bestellte den israelischen Botschafter im Rahmen seiner Befugnisse in das Verteidigungsministerium ein.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez ging noch einen Schritt weiter:  „Es ist dringend erforderlich, dass die internationale Gemeinschaft angesichts der Geschehnisse im Nahen Osten die Waffenexporte an die Regierung Israels einstellt“, sagte Sánchez am Freitag während eines Besuchs im Vatikan. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach sich für ein Ende der Rüstungslieferungen an Israel aus.

Von einem möglichen Rückzug des spanischen UNIFIL-Kontingents in Libanon ist in Madrid jedoch nicht die Rede. Das weitere Vorgehen solle unter der Führung der UN mit den Partnern koordiniert werden, wie es heißt. Das  Verteidigungsministerium in Paris teilt mit, dass ein UNIFIL-Abzug vermieden werden müsse. Wenn die Soldaten einmal weg seien, gäbe es so gut wie keine Möglichkeit mehr, wieder eine Friedensmission in Libanon in Erwägung zu ziehen. Am Freitag bestellte auch Frankreich den israelischen Botschafter ein.

Israel kritisiert UNIFIL als „wirkungslos“

Am Donnerstag hatte UNIFIL gemeldet, dass dort zwei UN-Soldaten verletzt worden seien, als ein israelischer Panzer einen Wachturm des Hauptquartiers in Naqoura beschoss. Auch andere UNIFIL-Posten seien unter israelisches Feuer geraten, hieß es in einer Mittelung der Mission. Am Freitag bestätigte UNIFIL, dass wieder zwei Blauhelmsoldaten durch israelischen Beschuss verletzt worden seien. Das israelische Militär teilte mit, dass der Vorfall untersucht werde. Den Beschuss vom Donnerstag erklärte die Armee damit, dass Hizbullah-Kämpfer in der Nähe von UNIFIL-Posten operiert hätten. Daraufhin habe man UNIFIL über die etablierten Gesprächskanäle angewiesen, in geschützten Anlagen zu bleiben, und mitgeteilt, dass Feuer auf die Hizbullah-Kämpfer eröffnet worden sei.

In Israel wird der UNIFIL-Einsatz schon lange als wirkungslos kritisiert. Seit 2006 soll die Mission überwachen, dass im Grenzgebiet zu Israel keine irregulären Milizen fußfassen können. Doch die Hizbullah konnte unter den Augen der UN-Mission eine Vielzahl an hochgerüsteten Stellungen in dem Gebiet errichten.

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