Frankfurt im Europapokal :
Abgeprallt an dribbelnden Römern

Lesezeit: 3 Min.
Jean-Matteo Bahoya und der Eintracht fiel es schwer, sich gegen die Roma mit Alexis Saelemaekers (links) zu behaupten.
Raffiniert auf der Straße, abgebrüht auf dem Platz: In Rom gibt es für die mutlos spielende Eintracht nichts zu holen, die sich seltene Fehler leistet. Im Achtelfinale droht ein schwergewichtiger Gegner.
Merken

Wer auf den Straßen Roms ans Ziel kommen will, muss sich ein paar Tricks überlegen. Ein bekannter lautet: je beweglicher das Gefährt, desto schneller geht‘s. Die meisten Römer wählen deshalb einen Motorroller. Steht die Ampel auf Rot, wuseln sie sich zwischen den wartenden Autos durch und stellen sich stolz vor ihnen auf die Kreuzung. Schaltet die Fußgängerampel dann auf Rot, düsen sie los – und haben so die entscheidenden zwei Sekunden Vorsprung auf die Autofahrer.

Die vielen Gäste in der Stadt kennen diesen Trick nicht. Das Fußballspiel jedoch hat recht universelle Regeln, die sowohl der Mannschaft aus Rom als auch der aus Frankfurt bekannt sind. Eine lautet: Pass immer auf, was in deinem Rücken passiert.

Es mag daran gelegen haben, dass die Eintracht schon vor dem Spiel so gut wie sicher für das Achtelfinale der Europa League qualifiziert war. Jedenfalls entwischten ihr immer wieder die Gegenspieler. „Rom war einen Schritt weiter, was die Cleverness angeht“, räumte Sportvorstand Markus Krösche nach dem Spiel ein, das seine Frankfurter gerade 0:2 verloren hatten.

„Wir haben die Spielstände beobachtet“

Meistens war es der ehemalige Bundesligaspieler Angeliño, der sich auf der linken Außenbahn davonschlich. Nach 44 Minuten stand er im Rücken der Frankfurter Abwehr so frei, dass er den Ball nach einer genauen Flanke von Gianluca Mancini mühelos vorbei an Kevin Trapp dreschen konnte. Bereits eine halbe Stunde zuvor hatte Angeliño den Ball so hart in die Mitte gelegt, dass 40-Millionen-Stürmer Artem Dovbyk nur den Fuß hinhalten musste. Das tat er auch, allerdings in so einem Winkel, dass der Ball knapp über das leere Tor flog. Zwischendurch köpfte Mancini noch an Trapps Pfosten.

Die Eintracht hingegen kam nur einmal gefährlich vor das römische Tor. Hugo Larsson war wohl schon mal privat in Italien, er schritt unbemerkt wie ein erfahrener Mopedfahrer an Mats Hummels und Evan N’Dicka vorbei und köpfte frei stehend. Allerdings zielte er genau auf Roma-Torwart Mile Svilar; Chance vertan.

Ansonsten spielten die Frankfurter verhalten, so als wären sie schon sicher im Achtelfinale. Und tatsächlich war es auch bald so: Als Ajax Amsterdam gegen Galatasaray Istanbul um kurz vor halb zehn die Führung erzielte, war es quasi unmöglich, dass die Eintracht noch aus den ersten acht Rängen rutscht.

„Wir haben die Spielstände beobachtet. Vielleicht hat das bei dem ein oder anderen im Kopf eine Rolle gespielt“, sagte Trainer Dino Toppmöller später. Und dennoch: Vor dieser Kulisse, 64.000 Zuschauer im ehrwürdigen Stadio Olimpico, spielte seine Mannschaft zu mutlos. „Uns hat heute die Überzeugung gefehlt“, gab Krösche zu.

Kaffeelikör an großen Tischen

Das konnte man von Rom nicht behaupten. Von einem Endspiel hatte Trainer Claudio Ranieri vor dem Spiel gesprochen, das seine Mannschaft nicht verlieren durfte, um in die Zwischenrunde des Wettbewerbs einzuziehen. Zwar spielten auch sie nicht, als ginge es um einen Pokal. Das war aber auch gar nicht nötig, denn ihr Gegner verlor Bälle, die er sonst selten verliert.

In der Stadt waren sich alle einig gewesen, dass mit der Eintracht eine der stärksten Mannschaften dieser Europa League im Olympiastadion auftritt. Schon am frühen Nachmittag trafen sich die Roma-Fans im nördlichen Stadtteil Flaminio, an großen Tischen draußen sitzend, vor ihnen der Kaffeelikör Borghetti, den es sonst nur in den Stadien in Neapel und Ancona gibt. Im Stadio Olimpico rollten die Anhänger ihre großen Fahnen aus, die über alle Tribünen hinweg in Gelb und Rot wehten. In der Curva Sud, der römischen Südkurve, sangen die Zuschauer ohne Pause.

Gegenüber, in der Nordkurve, stand eine kleine Fangruppe direkt am Block der Frankfurter Fans. Nach dem 1:0 feuerten sie Leuchtraketen auf den Eintracht-Block, an dessen Rand es daraufhin zu Tumulten kam. Als die Polizei in der Halbzeit eingriff, beruhigte sich das Geschehen.

„Kein gutes Fußballspiel“

Nach der Pause das gleiche Spiel: Die Roma war in jeder Situation einen Tick schneller, einen Tick gewitzter. „In den Zweikämpfen ist der ein oder andere von uns abgeprallt. Man hat gesehen, wie abgezockt die Römer sind“, gestand Krösche. So war es auch in der 69. Minute, als der eingewechselte Matías Soulé drei Eintracht-Spieler umkurvte und auf Eldor Shomurodov ablegte, der eine freie Bahn vor sich hatte, die man in der Ewigen Stadt selten sieht – 2:0.

Die Eintracht schließt die Gruppenphase somit auf Platz fünf ab und kann in der nächsten Runde im März auf einen dieser vier Gegner treffen: Ajax Amsterdam, Steaua Bukarest, Union Saint-Gilloise oder PAOK Saloniki. Gelost wird an diesem Freitag in Nyon (13.00 Uhr live bei Sky).

„Es war kein gutes Fußballspiel, von beiden Seiten“, schloss Toppmöller. Seine Mannschaft hatte den ganzen Abend die Rücklichter der dribbelnden Römer gesehen, nun war auch er spät dran. Draußen wirbelten weit nach Mitternacht die Laubbläser Pappbecher durch das menschenleere Stadion, als er dem Gegner zum verdienten Sieg gratulierte. Sein Kollege Ranieri verabschiedete sich da gerade von den italienischen Journalisten.

  翻译: