Kommentar : Am Kern vorbei
ami. Die EU-Kommission korrigiert die geltende Arbeitszeitrichtlinie. Hatte doch der Europäische Gerichtshof vor einem Jahr zweifelsfrei festgestellt, daß auf dieser Grundlage Bereitschaftsdienste von Ärzten oder Feuerwehrleuten als Dienstzeiten anzuerkennen und zu bezahlen seien. Weil Geld in allen Mitgliedstaaten knapp ist und Tausende neuer Ärztestellen Milliarden kosten, rudert die Kommission nun zurück. Sie will den EU-Ländern größere Spielräume bei der Definition dessen einräumen, was Arbeit ist. Daher soll neben Ruhe- und Arbeitszeit eine dritte Phase geringerer Arbeitsleistung eingeführt werden, für die es auch nur ein geringeres Entgelt gäbe. Diese Lösung ist sinnvoll, auch wenn sie den deutschen Klinikärzten nicht schmeckt. Sie hatten gerade erst ein für sie günstigeres Arbeitszeitgesetz erstritten, das Bereitschaft voll als Arbeitszeit bewertet. Nun warnen sie wieder vor Marathondiensten. Natürlich will niemand von einem Arzt behandelt werden, der schon 30 Stunden lang arbeitet. Doch zielt das Argument am Kern vorbei. Entscheidend ist doch, daß Klinken Arbeitszeiten künftig so organisieren können, daß sie den Bedürfnissen ihrer Kunden, der Patienten, entsprechen. Dem steht nicht nur das Arbeitszeitgesetz, sondern auch der starre Bundesangestelltentarif im Weg. Wenn der Vorschlag der EU-Kommission hier für mehr Bewegung sorgte, wäre viel gewonnen - für Patienten, Ärzte und Kliniken.