Streit um Nordsee-Projekte : Klima-Eigentor
Anti-Öl-Aktivisten jubeln, die Energieindustrie schaut betroffen: Zwei der wichtigsten noch unerschlossenen Öl- und Gas-felder in der britischen Nordsee, vor allem das hoch umstrittene Rosebank-Feld, stehen auf der Kippe. Mit der Entscheidung der Labour-Regierung, vor Gericht die schon vergebenen Lizenzen nicht mehr zu verteidigen, lässt Energieminister Ed Miliband die Unternehmen und die Projekte im Stich. Miliband sendet damit das Signal, dass auch schon genehmigte Projekte am seidenen Faden hängen. Ein Rosebank-Aus wäre ein Sieg, den die Klimabewegung feiern würde. Außerdem erhöht Labour die Sondergewinnsteuer („Windfall Tax“) von derzeit 75 auf 78 Prozent, obwohl die Ölpreise nach dem Hoch 2022 deutlich gesunken sind. In der Branche finden einige, die Steuer sei prohibitiv hoch; Investitionen lohnen sich eigentlich nicht mehr. Ein hochrangiger Equinor-Manager warnte schon, dass neue Förderung in der britischen Nordsee künftig kaum noch rentabel ist. Erste Unternehmen wie Harbour Energy haben sich schon von Neuinvestitionen zurückgezogen. Bislang hatten der norwegische Staatskonzern Equinor und Shell für die Rosebank- und Jackdaw-Projekte milliardenschwere Investitionen geplant. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie abgeblasen werden. Man kann nun argumentieren, dass sich Großbritannien wirtschaftlich schadet und dass es seine Energieversorgungssicherheit schwächt, wenn die Labour-Regierung die heimische Produktion von Öl und Gas austrocknen lässt. Klimaaktivisten wird diese Warnung kaltlassen. Aber ein anderes Argument sollten sie hören: Wenn die heimische Produktion aus der Nordsee in den nächsten Jahren immer schneller fällt, wie es Labour ja offenbar gut findet, wird das Land absehbar deutlich mehr Flüssiggas aus den USA oder Qatar importieren müssen. Das ist nicht nur teurer, sondern auch sehr viel klimaschädlicher als heimisches Erdgas. Denn über viele Tausend Kilometer transportiertes LNG hat einen etwa viermal so großen CO2-Abdruck wie Gas aus den Nordsee-Produktionsanlagen, die weitgehend mit Windstrom betrieben werden. Bislang deckt die heimische Produktion einen ziemlich großen Anteil des britischen Verbrauchs. Wenn Labour die heimische Produktion ausknipst, ist das letztlich ein Klima-Eigentor, der globale CO2-Ausstoß steigt damit.
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