Koselleck zum Sklavenhandel : Die offiziellen Bücher der Kaufleute schweigen sich aus

Mysterien des offenen Meeres: Als Reinhart Koselleck in Bristol Deutsch lehrte, unterzog er die moralische Ökonomie des Sklavenhandels einer kühlen Analyse.
Reinhart Koselleck, der Historiker der begrifflichen Revolutionen, hat wenig Realgeschichte geschrieben. Eine Ausnahme ist der Aufsatz „Bristol, die ,zweite Stadt‘ Englands. Eine sozialgeschichtliche Skizze“, der 1955 in der Zeitschrift „Soziale Welt“ erschien. Koselleck arbeitete damals in Bristol als Deutschlektor an der Universität. Im Sommersemester 1950 hatte er in Bristol studiert, was ihm die Chance bot, wie er 1955 in einem Lebenslauf festhielt, sich „mit dem geschichtlichen Gedankenraum der modernen westlichen Welt näher zu befassen“. Der Aufsatz erschließt diesen Gedankenraum vom geographischen Raum her, aus der exzentrischen Position Bristols als Hafenstadt. Im Hintergrund stehen die Spekulationen von Kosellecks Mentor Carl Schmitt über eine Form transzendentaler Geopolitik mit Land und Meer als Bedingungen antagonistischer Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte.