Kolumne: Weltblick : Kolumne Weltblick: Qatar wird zum begehrten Krisenvermittler
Gaza, Jemen, Iran: Qatars Emir Tamim bin Hamad Al Thani und sein Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani sind zu vielbeschäftigten Vermittlern in internationalen Krisen aufgestiegen, vor allem im Nahen Osten. Auch für Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland ist das Emirat im Gespräch. Dabei kontrolliert der qatarische Herrscher ein Land mit nur wenig mehr als drei Millionen Einwohnern.
Seine prominente Rolle zeigt, dass die USA, Deutschland und ihre Partner längst auf aufstrebende Mächte angewiesen sind, um bei internationalen Krisen voranzukommen. Die Entwicklung markiert einerseits den relativen Bedeutungsverlust des Westens und andererseits die Tatsache, dass westliche Staaten in zentralen Konflikten wie dem Gazakrieg, der durch den Terrorangriff der Hamas ausgelöst wurde, und Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine eindeutig auf einer Seite stehen.
Die Motive aufstrebender Vermittler bleiben oft im Dunkeln. Klar ist jedoch, dass die neuen Kompromisse äußerst schmerzhaft für westliche Hauptstädte werden dürften. Es traf diese wie ein Schlag, als Chinas Führung im März 2023 erfolgreich zwischen den verfeindeten Regionalrivalen Saudi-Arabien und Iran vermittelte. Offensichtlich bindet Qatar nun Iran in die Verhandlungen über eine Feuerpause in Gaza ein: Die Islamische Republik soll mäßigend auf ihre Verbündeten Hamas und Hizbullah einwirken.
Ohne Frage ist das auch im westlichen Interesse, jedoch wird das Regime mit dem atomaren Drohpotential dafür eine Gegenleistung wie die Lockerung westlicher Sanktionen fordern. Für Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien Russland als Aggressor und der Ukraine als angegriffenem Staat werden neben Qatar Akteure wie China, Indien und die Türkei als Vermittler ins Spiel gebracht.
Die internationale Landschaft verändert sich fundamental. Bei der Lösung verfahrener Probleme, auf Englisch „wicked problems“ genannt, sind aufstrebende Mächte schon heute unverzichtbar. Europa und Nordamerika sollten sich darauf einstellen.