Im Gespräch: Annie Leibovitz : Können Sie die Seele fotografieren, Mrs. Leibovitz?

Annie Leibovitz gehört zu den berühmtesten Fotokünstlern der Welt. Ein Gespräch über den Frauenblick auf den weiblichen Körper, ihre frühere Lebensgefährtin Susan Sontag und die Frage, warum sie sich für kein gutes Foto-Objekt hält.
Es ist neun Uhr morgens, und Annie Leibovitz, die am Abend eine Berliner Retrospektive mit Arbeiten aus zwei Jahrzehnten eröffnen wird, sitzt auf einem Stuhl zwischen ihren Fotos. Sie gilt als schwierig. An diesem Tag ist sie einfach charmant.
Mrs. Leibovitz, Sie haben in San Francisco und Paris gelebt und wohnen in New York. Wie finden Sie das Winterlicht von Berlin?
Als ich 1969 zum erstenmal nach Europa kam - damals arbeitete ich in einem Kibbuz in Israel - reiste ich über Ungarn nach Deutschland. Alles war sehr dunkel damals und irgendwie unheimlich, besonders der Ostteil von Berlin. Diesmal war alles wunderschön, der Schnee lag wie eine Zuckerschicht über der Stadt. Ich liebe dieses Licht, in dem Dunkelheit und Licht gemischt sind. Als ich letzte Nacht im Hotel saß, wäre ich am liebsten sofort rausgegangen, um zu fotografieren. Der helle Schnee am Boden, darüber der dunkle Himmel - als wären die Sphären vertauscht worden. Hier in Berlin sieht man ja auch den Himmel. In New York sieht man nur Gebäude.
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