Ernst Tugendhat gestorben :
Seitliche Relativierung des eigenen Daseins

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Ernst Tugendhat in Tübingen
Mit Heidegger fing er an, aber da las er schon die lakonischen Amerikaner. Seine Arbeit zeigt, dass nüchternes Argumentieren eine Lebensform sein kann. Zum Tod des Philosophen Ernst Tugendhat.
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„Sei allem Abschied voran“ – einer seiner Vorträge behandelte vor zwanzig Jahren unter dem Rilke-Motto „Unsere Angst vor dem Tod“. Dieser Titel, schickte Ernst Tugendhat voraus, impliziere, dass der Vortragende sie auch habe. Nicht als Angst vor der Sterblichkeit, denn das sei eine Eigenschaft, Angst könne man aber nur vor einem Ereignis haben. Zurückgetreten sei inzwischen die Angst vor einem Gericht, das nach dem Tod über einen gehalten werde. Heute trete demgegenüber die Angst vor dem Nichts hervor. Denn der Tod ist kein Abschied, kein Verlust, bei dem derjenigen, der ihn erleidet, noch bestehen bleibt. Die Angst vor dem Tod sei in den biologischen Bedingungen des menschlichen Lebens verankert, das ein sorgendes, in die Zukunft gerichtetes Leben ist. Das Weiterlebenwollen gehört zur Art, die Übel des Lebens müssten immens sein, um keine Angst vor dem Aufhören zu haben. Zugleich habe es im Sterben keine biologische Funktion mehr, sich an das Leben zu klammern, was erklären könne, dass viele den Tod gelassen hinnehmen.

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