Jacques Le Goff: Geld im Mittelalter : Als zwischen Gott und Geld noch zu entscheiden war
Dass die Liebe der Frauen die Männer erlöst, ist keine neue Erfahrung. Als aber der Zisterzienser Caesarius im Siebengebirge um 1200 darüber predigte, bot er noch eine andere Geschichte. Kürzlich sei in Lüttich ein Wucherer gestorben, der den kirchlichen Bestimmungen gemäß kein Grab in geweihter Erde erhalten konnte. Seine Witwe habe dagegen mehrfach beim Papst geklagt: „Steht nicht geschrieben, hoher Herr“, hielt sie dem Pontifex vor, „dass Mann und Frau ein Fleisch sind und dass, wie der Apostel sagt, der ungläubige Mann von seiner gläubigen Frau gerettet werden kann? Was mein Mann versäumte zu tun, werde ich - die ich von seinem Fleische bin - statt seiner tun.“ Die fromme Witwe setzte sich durch, durfte den Verstorbenen umbetten und neben seinem Grab eine Klause für sich errichten, in der sie für ihn mit Almosen, Fasten, Gebeten und Nachtwachen Buße tat. Nach sieben Jahren sei er ihr im schwarzen Gewand erschienen, um mitzuteilen, dass er von den schrecklichsten Qualen der Hölle befreit sei, aber weitere sieben Jahre dauerte es noch, bis er weiß gewandet als Bürger des Himmels vor sie treten konnte.