Literatur : Trautes Werkstattgespräch
Selten, daß eine Literaturgeschichte das Vergessen ihres Gegenstandes, der Werke, der Dichter, die sie vorstellt, schon mit eingeplant hätte! Auf nicht mehr als zwanzig Jahre kalkuliert Helmut Böttiger das Haltbarkeitsdatum der Autoren, die er in seine "Geschichte der Gegenwartsliteratur" aufgenommen hat. In doppeltem Sinne erweist sich damit der Literaturkritiker als Kind seiner Zeit: Zeitgemäß ist die aufgeklärte Einsicht in die Relativität aller Maßstäbe, zeitbedingt aber auch die Resignation vor der Schnellebigkeit des Betriebs. Zufälligkeit und Subjektivität der Auswahl können dem Verfasser dieser Geschichte der Literatur aus immerhin sechzig Jahren nach solch weiser Zurückhaltung kaum mehr vorgeworfen werden. So ist man denn auch geneigt, die zufällige Auswahl, die hier ein Rezensent aus der massenhaften literarischen Marktware trifft, als Wegweiser durchs Dickicht des Angebots zu akzeptieren, um so eher, als der Zufall, wie stets, auch hier Methode hat.