Werner Hamacher über Hölderlin :
Halbgötterdämmerung

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Dionysos, auf einem Leoparden reitend: Mosaik, entstanden um etwa 180 v. Chr., aus Delos
Warum bei diesem viel gedeuteten Dichter stabiler Sinn und Logik nicht zu haben sind: Hölderlin-Studien aus dem Nachlass des Komparatisten Werner Hamacher.
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Als Werner Hamacher 1971 seine Arbeit zu Hölderlins später Lyrik abschließt, ist der Dichter hoch umstritten. Das jüngst wiederbelebte Bild des schwäbischen Gemütsautors („Komm ins Offene“ oder wenigstens auf den Balkon) wie das des unfreiwilligen Lieferanten von vaterländischen Verszitaten für die Tornisterkultur des Weltkriegs waren zwar schon verblasst. 1961 aber hatte der französische Psychoanalytiker Jean Laplanche seine Studie über die Abwesenheit als Leitmotiv des vaterlos groß gewordenen Poeten veröffentlicht. Theodor W. Adorno hielt 1963 und publizierte 1966 seinen Vortrag „Parataxis“, mit dem er Martin Heideggers von „ins Maßlose gesteigerter Ehrfurcht“ gegenüber dem Dichter bestimmten Deutungen entgegentrat, die Hölderlins Sprache als eine Ursprache der wahren Deutschen behandelten. Der Germanist Pierre Bertaux wiederum entdeckt 1969 den Jakobiner Hölderlin, und Peter Weiss schreibt im Jahr darauf ein Theaterstück, das Hölderlin sogar als Wegweiser revolutionärer Wege hin zu Marx darstellt. Anfang der Siebziger Jahre wendet sich dann der Buchgraphiker Dietrich E. Sattler dem Dichter zu, was zur Frankfurter Werkausgabe im Verlag „Roter Stern“ mit ihren manuskriptgetreuen Umschriften jeglicher Zeile Hölderlins führen wird.

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