Berliner Philharmoniker : Bloß keinen verschrecken
Schwer vorstellbar, dass das Spiel dieses Pianisten jemanden unberührt lassen könnte. Bertrand Chamayou spielte im Kammermusiksaal der Philharmonie (er war fast ausverkauft) Werke des zwanzigsten Jahrhunderts und wurde dafür gefeiert, als hätte er wesentlich Populäreres präsentiert. Der Zugriff des französischen Pianisten ist unwiderstehlich: die Selbstverständlichkeit, die Leichtigkeit, die Virtuosität, das Ungekünstelte. So erscheint auch das Repertoire des Abends als völlig selbstverständlich: Luciano Berios dem Serialismus nahen „Cinque variazioni“, die unter Chamayous Händen zu funkelnden Edelsteinen werden, gleißend in ihrer Farbkraft; Olivier Messiaens „Cantéyodjayâ“, ein Stück, dessen kreisende Rhythmik und strophenartigen Bau er mit straffender Hand freilegt; John Cages „Daughters of the Lonesome Isle“ für präpariertes Klavier: Mit ungläubigem Staunen vernimmt man hier, wie Cage die Klänge eines kompletten Gamelan-Orchesters imitiert mit Gongs, Schellen, Flöten und jaulenden Streichinstrumenten – eine grandiose Spielerei; im krassen Gegensatz dazu dann Karl Amadeus Hartmanns Sonate „27. April 1945“ mit ihrer heftig hervorbrechenden Ausdrucksmusik.