Der Fall Böhmermann : Wann ist Satire Kunst?

Die Richter haben die Ablehnung der Verfassungsbeschwerde von Jan Böhmermann nicht begründet. Damit hat das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts nicht nur im Ergebnis Bestand, sondern leider auch mit seiner banausischen Bestimmung des Verhältnisses von Kunst und Satire.
Hätte Jan Böhmermann kein Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten fabriziert, sondern in seiner Fernsehsendung eine Plakatcollage gezeigt, hätte der Streit um die Zulässigkeit seiner Erdoğan-Satire wohl nicht den Ausgang genommen, den das Bundesverfassungsgericht jetzt mit der Abweisung von Böhmermanns Verfassungsbeschwerde bestätigt hat. In dem von Erdoğan angestrengten Zivilprozess haben Landgericht und Oberlandesgericht das Gedicht in seine Einzelteile zerlegt und über jeden Vers separat entschieden. Erdoğan muss hinnehmen, dass ihm Tätigkeiten aus dem Katalog sexueller Perversionen angedichtet werden, wo den Richtern bei einer einzelnen Stelle eine bildliche Lesart im Sinne eines kritischen Bezugs auf seine Amtsausübung plausibel schien. „Er ist der Mann, der Mädchen schlägt / und dabei Gummimasken trägt.“ Angeblich wird der Zuhörer bei dieser Sadomaso-Szene an die Niederschlagung von Demonstrationen denken. Nur sechs von 24 Versen bestanden diesen Test; achtzehn wurden verboten.
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