Kinofilm „Piece by Piece“ :
Ich bin ein Star, bau mir ein Haus!

Lesezeit: 3 Min.
Als Songs noch die Charts stürmten: Pharrell Williams (hier als Legofigur) produziert mit Gwen Stefani (rechts) „Hollaback Girl“.
Wenn ein Neptun lebendig wird und Snoop Dogg als großer Hund auftritt: Der Trickfilm „Piece by Piece” erzählt die erstaunliche Geschichte des Popstars Pharrell Williams mit Lego.
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Einen Dokumentarfilm mit animierten Legosteinen zu erzählen ist kein naheliegender Gedanke. Er scheint so abwegig, dass er im Biopic „Piece by Piece“ gleich zu Beginn kurz diskutiert werden muss. Da sitzt also der Musiker und Künstler Pharrell Williams, um dessen Leben es hier gehen soll, bereits als Legofigur dem Regisseur Morgan Neville gegenüber, der ein bisschen wie die Plastikversion von George Lucas aussieht, und erklärt seine Idee: „Denk doch nur an all die Farben, die wir in den Film bringen könnten, wenn wir ihn mit Lego erzählen.“

Das ist kein abgedroschenes Argument, um dem Film einen innovativeren Anstrich zu geben. Dahinter steckt eine künstlerisch-ästhetische Idee, denn der Animationsfilm erlaubt es, den phantasierten Aspekt noch der wahrheitsgetreuesten Biographie sinnfällig zu machen.

Wenn Williams also von seiner Kindheit in Virginia Beach berichtet und buchstäblich darauf zurückblickt (statt nur zurückhorcht), wie ihm die Musik dort aus jedem Winkel entgegensprang, dann lässt sich das in einer bunten Animationswelt hervorragend darstellen: in Wellen kräuselt sich der Beat aus ­Radios, in Streifen brummt der Sound hinter den Kampfflugzeugen der amerikanischen Navy her, die über dem Sozialwohnungsblock „Atlantis“ ihre Übungen fliegen. In einem Zimmer dieses Apartmentblocks liegt der junge Pharrell vor einem Plattenspieler und fällt in einen Tunnel aus warmen Neonfarben, als die Nadel das Vinyl berührt. „Ich dachte, das geht allen so“, sagt er. Erst später erfährt er, dass man das Phänomen Synästhesie nennt – es ist ein Grund, aber nicht der einzige für seinen späteren Erfolg.

Snoop Dogg als großer schwarzer Hund

„Piece by Piece“ vermittelt also einen Blick auf die Welt durch Williams’ Augen. Denn wenn er seine einfachen, aber besonders eingängigen Beats komponiert, die aus Songs Nummer-eins-Hits machen, dann hüpfen und blinken diese Geräusche als dreifarbige Steinchenkombination durch den Raum. Als Produzent adelte er damit Songs von Gwen Stefani („Hollaback Girl“), Kelis („Milkshake“) oder Kendrick Lamar („Alright“). Diese Meilensteine des Produzentenerfolgs läuft der Dokumentarfilm chronologisch und sehr unterhaltsam ab. Mal stellt er Szenen aus den Musikvideos mit Legofigürchen nach, mal kommen die Künstler, mit denen Williams zusammenarbeitete, zu Wort.

Besonders hier beweist sich die elastische Stabilität der Animationsidee. Als Gwen Stefani sich etwa entschuldigt, um die Gärtner auf ihrem Grundstück darum zu bitten, wegen ihres Interviews kurz den Rasenmäher auszuschalten, integriert der Film diesen Wortwechsel als geraffte Miniszene, die durchs Wohnzimmerfenster zu sehen ist – ein Kamerablick, der im unanimierten Dokumentarfilm so kaum möglich gewesen wäre. Auch die Rückblicke, die man sonst mühsam aus Archivmaterialien hätte rekonstruieren müssen, schillern hier so farbenfroh, wie sie sonst nur im Kopf des Erinnernden zu finden sind: Ein Konzert an der Strandpromenade lässt die dort stehende Neptunsteinskulptur lebendig werden, während einer Sinnkrise fliegt der Star-Trek-Fan Williams in einem Raumanzug durchs All, und als er bei einem Treffen eine Songarbeit mit Snoop Dogg bespricht, imaginiert er den Rapper im von berauschendem Rauch verhangenen Musikstudio als großen schwarzen Hund.

Natürlich fehlt auch der selbstkritische Blick auf die Höhenflüge nicht und der Absturz, als er begonnen hatte, seine Musik an die Marktanalysten (hier als vampirhafte Manager in schwarzen Anzügen dargestellt) anzupassen. Was „Piece by Piece“ präsentiert, ist eine der letzten amerikanischen Aufstiegsgeschichten (einer von Williams früheren Mitschülern sagt: „Wenn es die Menschheit bis auf den Mond geschafft hat, dann können wir es schaffen, aus den Sozialwohnungen herauszukommen“), die ganz nebenbei viel über die Entwicklung des Musikmarkts und der Popkultur in den vergangenen drei Jahrzehnten erzählt.

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