Wendephasen deutscher Kunst : Neomanierismen der Teilung

Im Gegensatz zu den westdeutschen Nachbarn blieb die ostdeutsche Kunstszene kurz vor und nach der Wiedervereinigung ihrem Stil treu. Über die erstaunlichen Wendephasen der deutschen Malerei.
Soll eine einzige prägende Gestalt der Malerei seit der Wiedervereinigung genannt werden, würden die meisten Deutschen wohl ohne Zögern den Leipziger Maler Neo Rauch nennen. Niemand von den Lebenden außer Gerhard Richter erzielt höhere Preise, niemand wird – und zwar weit über die nach Rauch benannte „Neue Leipziger Schule“ hinaus – in den aktuellen Meisterklassen auch der bundesdeutschen Kunsthochschulen wie auch den Galerien häufiger kopiert; bisweilen sieht man in Straßen und Ladenzeilen mit hoher Galeriendichte in jedem zweiten Schaufenster einen Rauch-Epigonen. Auch Bühnenbild und Kostüme von Wagners „Lohengrin“ im von der ostdeutschen Kanzlerin so geliebten Bayreuth gestalteten 2017 Rauch und seine Frau Rosa Loy. Ein gesamtdeutscher Erfolg also, ähnlich den ersten gemeinsam bestrittenen Olympischen Spielen mit ihrem damaligen Goldregen?