Kunstmesse BRAFA :
Willkommen in der Wunderkammer

Von Julia Stellmann, Brüssel
Lesezeit: 3 Min.
Prunkvoll: der Stand der Galerie Bernard de Leye auf der BRAFA

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Seit siebzig Jahren gibt es die Kunst- und Antiquitätenmesse BRAFA in Brüssel. Sie hat allen Grund, ihre Traditionen zu feiern. Aber ist sie auch fit für die Zukunft?
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Meterhohe Mammutknochen, funkelnde Diademe und stählerne Skulpturen – Eklektizismus ist Konzept bei der Brüsseler Kunst- und Antiquitätenmesse BRAFA. Seit 1956 vereint sie Gegensätze, vermeidet trennende Sektionen und möchte sich auch in Zukunft weiterhin breit aufstellen. Die diesjährige Jubiläumsausgabe bringt 130 Aussteller aus 16 Ländern auf dem Weltausstellungsgelände der Brussels Expo zusammen. Viele Galerien begleiten die BRAFA seit ihren Anfängen, teils in zweiter Generation. Mit nur 16 Neuzugängen gibt es wenig Fluktuation. Die Messe steht für Kontinuität. Und noch immer finden sich nur wenige Galerien aus dem deutschsprachigen Raum in der Ausstellerliste. Das würde der Messeleiter Klaas Muller gerne ändern.

Die Kernkompetenz der BRAFA zeigt sich am Stand der Galerie Desmet (Brüssel) beispielhaft. Hier sind exquisite hellenistische Skulpturen wie die „Sitzende Venus mit Sandale“ zu sehen (650.000 Euro). Der weiße Marmor wirkt durchscheinend wie Alabaster und erinnert in seiner Reduktion durch zeitbedingten Verfall an moderne Bildhauerei. Bei De Wit Fine Tapestries aus Mechelen bedecken dagegen großformatige Teppiche mit floralen Mustern oder Jagdszenen die Wände. In eines der opulenten Textilien aus dem 16. Jahrhundert ist ein Garten voller exotischer Tiere inklusive eines von Dürer inspirierten Rhinozeros eingewoben.

Vom Glück in der Nische

Samtverkleidete, abgedunkelte Ausstellerkojen mit Skulpturen, Schmuck oder Silbergefäßen geben dem Publikum das Gefühl, eine Wunderkammer zu betreten. Fossilien, Meteoriten und Mineralien gehören denn auch zum Repertoire der niederländischen Stone Gallery, die erstmals dabei ist. Aufsehen erregte bereits im Voraus die Galerie Marc Maison (Paris) mit einem ägyptisch inspirierten, monumentalen Bett aus der Werkstatt von Louis Malard, das ursprünglich Teil eines kompletten Schlafzimmerensembles war und 1889 auf der Pariser Weltausstellung präsentiert wurde (660.000).

Die Messe tut gut daran, sich künftig wieder mehr auf derartige Spezialgebiete zu konzentrieren. Zuletzt war die Anzahl der Nischeninteressen bedienenden Galerien verminderte und die von Ausstellern zeitgenössischer Kunst vergrößert worden. Dieser Trend scheint mit den überdimensionalen, organischen Skulpturen von Joana Vasconcelos im Eingangsbereich seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden zu haben. Der portugiesischen Künstlerin wird als Ehrengast besondere Aufmerksamkeit zuteil, was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die in regelmäßigen Abständen aufleuchtenden Arbeiten eher dekorativ anmuten.

Dass die Messe aber durchaus zeitgenössisch sein kann, beweisen Arbeiten des Künstlers Conrad Willems. Er schafft in der Galerie von Francis Maere (Gent) ein Ensemble aus lose aufeinandergeschichteten Steinen in Form von Wandreliefs und Bodeninstallationen. Willems erzählt, dass ursprünglich ein Konstrukt aus schwarzem Marmor geplant war, die Messe aber wegen des hohen Gewichts intervenierte. Stattdessen findet sich nun eine Konstruktion aus 500 Sandsteinblöcken, die nach dem Vorbild hölzerner Bauteile geformt sind (38.500).

James Ensor darf nicht fehlen

Im Bereich der Moderne hat die Messe ebenfalls einiges zu bieten. Entsprechend zeigt die Patrick Derom Gallery (Brüssel) ein Selbstporträt von Léon Spilliaert aus dem Jahr 1908, in welchem die manischen Augen des Künstlers das Publikum aus dem grünlich-fahlen Gesicht heraus fixieren (450.000). Von vergleichbarer Intensität gestaltet sich ein zwischen 1900 und 1905 geschaffenes Ölgemälde von Odilon Redon bei Brame & Lorenceau (Paris), in welchem eine von Blüten eingefasste Figur den Blick in die Ferne schweifen lässt (1,15 Millionen).

Gleich an mehreren Ständen finden sich vornehmlich frühe Arbeiten von James Ensor, der anlässlich seines 75. Todestages im vergangenen Jahr mit großen Ausstellungen geehrt wurde. Das passt zu einer ohnehin starken Präsenz belgischer Malerei, die epochenübergreifend auf der BRAFA gefeiert wird.

Frischen Wind will das neue Leitungsteam wehen lassen. Die vormals als „Foire des Antiquaires“ bekannte BRAFA soll für junge Menschen attraktiver werden. Das sollte jedoch nicht auf Kosten der Nischen gehen, indem etwa Ikonen-Galerien räumlich in den Hintergrund gedrängt werden. Denn Arbeiten wie eine von winzigen Heiligen bevölkerte Ikone bei Heutink (Zwolle), die sich in ihrer Gänze nur mit der Lupe erfassen lässt, machen den besonderen Reiz der Messe aus. Eine Rückbesinnung darauf könnte das Alleinstellungsmerkmal sein, mit dem sich die BRAFA von ihren ebenfalls mit zeitgenössischer Kunst um die Gunst des Publikums buhlenden Wettbewerbern abhebt.

BRAFA, Brussels Expo, Brüssel, bis 2. Februar, Eintritt 25 Euro
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