Kunstaffären : Der Oligarch und sein Kunsthändler

In Genf geht der Rechtsstreit zwischen dem Oligarchen Dmitri Rybolowlew und dem Kunsthändler Yves Bouvier weiter. Ob derweil Macron beim Treffen mit dem saudischen Kronprinzen an den Louvre-Skandal dachte?
Als in Genf das überraschende Urteil fiel, war der saudische Herrscher Muhammad Bin Salman gerade zu Besuch bei Emmanuel Macron im Elysée. Gemeinsam suchten sie nach Wegen aus den Krisen der Welt. Saudi-Arabien hat Gas und Geld. Und es ist ein guter Kunde der in Kriegszeiten florierenden Rüstungsindustrie. Korruption ist genauso im Spiel, wie sie es bei der Vergabe der Fußball-WM nach Qatar war, wo Frankreich bald seinen in Moskau errungenen Titel verteidigen wird. Es gibt viele Konflikte zwischen Frankreich und der islamischen Welt. Aber Bin Salman stellte für seinen Besuch keinerlei Bedingungen, arrangierte sich mit der „Islamophobie“ und schien auch sonst keinerlei moralische Bedenken zu haben. Die hatte Emmanuel Macron, der ihn empfing, sehr wohl.
Gleichwohl sah er geflissentlich darüber hinweg, dass Bin Salman Journalisten im Ernstfall noch brutaler als Putin zum ewigen Schweigen bringt. Wahrscheinlich dachte Macron, Verfechter der Menschenrechte und Pionier der Restitution geraubter Kunst, ein bisschen beschämt an die Art und Weise, wie seine besten – staatlich besoldeten – Experten inklusive des Louvre-Direktors Jean-Luc Martinez Abu Dhabi gedemütigt hatten. Teuer bezahlt der Wüstenstaat seine Louvre-Zweigstelle, der eine Pariser Mafia mit gefälschten Papieren in Ägypten und Syrien gestohlene Schätze angedreht hat. Abu Dhabi wurde über den Tisch gezogen wie der russische Oligarch Dmitri Rybolowlew angeblich von seinem Genfer Kunsthändler Yves Bouvier, den er als Berater beschäftigte und bezahlte.

Es sind die beiden größten Kunstaffären des Jahrzehnts: Der Louvre-Skandal befindet sich im Stadium der Ermittlung. Rybolowlew und Bouvier bekämpfen sich vor Gericht. „Ich bin ruiniert“, jammert Bouvier, der gefallene „König des Genfer Zollfreilagers“. Eine Milliarde habe er verloren, „weg vom Markt“ sei er, „töten“ wolle ihn Rybolowlew. Ihm hatte er mit Leonardos „Salvator Mundi“ den spektakulärsten Deal des Jahrhunderts eröffnet: Mit 450 Millionen Dollar wurde er zum teuersten Gemälde der Welt – mehr als 300 Millionen betrug der Gewinn Rybolowlews. „Ich führe zehn zu null“, prahlte Bouvier in der „Tribune de Genève“. Jeden Prozess habe er gewonnen und keinen einzigen verloren. Das letzte Ziel seines zerstörten Lebens sei es, den Russen „unschädlich“ zu machen. Nun hat er allerdings ein Verfahren verloren: Das Genfer Gericht muss Ermittlungen gegen Bouvier aufnehmen. Das bedeutet vor allem, dass der Rechtsstreit noch Jahre dauern wird. Wie man in Paris auf das Urteil reagierte, bleibt Staatsgeheimnis. Der Louvre hatte den umstrittenen „Salvator Mundi“ nicht gewollt und eher abschätzig beurteilt. Leonardos „Weltenretter“ hängt vermutlich in der Jacht von Muhammad Bin Salman.