Brief aus Istanbul :
Der Palast lehrt Journalismus

Von Bülent Mumay
Lesezeit: 6 Min.
Ließ Ethikregeln“ für die Presse verfassen: Recep Tayyip Erdogan
Der falsche „Ökonom“: Wie Erdogan die Türkei durch seine Zinspolitik in Arm und Reich aufteilt und „Ethikregeln“ für eine Presse erlässt, um die allgemeine Moral zu wahren.

Erdogan regiert die Türkei seit rund zwanzig Jahren und be­hauptet, er sei „Ökonom“. „Behauptet“ sage ich, weil noch nie jemand das Original seines Diploms zu Gesicht bekommen hat. Die Debatte um das Thema, das die Regierung gern vergessen machen würde, flammt jedes Mal wieder auf, wenn er sich als „Ökonom“ bezeichnet. Ein Detail, das die These vom „falschen Diplom“ stärkt, ist das Datum auf dem Universitätsdiplom, das übrigens zu den Voraussetzungen für den Posten des Staatspräsidenten gehört. Auch wenn ich es Diplom nenne, ist das, was er vorweist, kein Diplom. Zu jenem Datum auf dem „Abschlusszeugnis“, das Erdogan vorlegt, war die Universität, die absolviert zu haben er behauptet, noch gar nicht offiziell gegründet. Außerdem ist in Erdogans Umgebung kein einziger Kommilitone von der Universität zu sehen, wo er doch ansonsten all seine Freunde von der Imam-Hatip-Schule in Politik und Wirtschaft gut untergebracht hat. Es gibt zahllose Fotos von ihm aus der Grundschule, vom Gymnasium, aus dem Club, in dem er Fußball gespielt hat, von ihm als Ge­schäftsmann. Doch bislang liegt keine einzige Aufnahme aus seinen Studienjahren vor. Lassen wir aber die Frage nach dem Diplom einmal beiseite. Denn es gibt Wichtigeres, das Zweifel an Erdogans „Ökonomen“-Titel aufkommen lässt: Es ist die Wirtschaftspolitik des Präsidenten­palasts, die die Türkei quasi an den Ab­grund gebracht hat.

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