Plattform gegen Demokratie : Wie Tiktok in Rumänien Wahlen mitentscheidet

Dass der Putin-affine Călin Georgescu bei den Präsidentenwahlen in Rumänien vorn lag, hat nicht nur etwas mit dem miesen Ansehen der Regierung zu tun. Es zeigt sich vielmehr, wie Russenpropaganda auf der chinesischen Maschine läuft.
Die Europäische Kommission hat die chinesische Videoplattform Tiktok angewiesen, alle Daten aufzubewahren, die „sich auf tatsächliche und vorhersehbare systemische Risiken für Wahlvorgänge in der EU beziehen“. Das hat seinen Grund. Tiktok hat bei der rumänischen Präsidentenwahl nämlich gerade bewiesen, wie prorussische Propaganda auf einer chinesischen Manipulationsmaschine funktioniert, in diesem Fall zugunsten des rechtsextremen, Putin-affinen Kandidaten Călin Georgescu.
Der hatte nicht nur selbst fleißig auf Tiktok für sich Werbung gemacht. Andere Accounts ungeklärter Provenienz taten dies auch. Und dies geschah, wie das rumänische Präsidialamt mitteilte, ohne dass Georgescu als Politiker und Präsidentschaftskandidat annonciert worden sei, wie dies die Wahlbehörde von allen Kandidaten gefordert und Tiktok im Umgang mit politischer Werbung und der Quellenangabe zu deren Finanzierung aufgegeben habe. Das habe Georgescus Sichtbarkeit erhöht, der Tiktok-Algorithmus habe das von ihm und für ihn entfachte Kurzvideofeuerwerk verbreitet.
Ob sich dies so zutrug und wie, das will die EU-Kommission nun überprüfen. Sie will daraus Schlüsse über Bedrohungen künftiger Wahlen in der EU ziehen können, wie etwa der anstehenden Bundestagswahl.
Tiktok als Gefahr für die nationale Sicherheit
Wer das für Kaffeesatzleserei oder unbegründetes Stochern im Nebel hält, hat die Manipulationsmöglichkeiten der Plattformen immer noch nicht begriffen. Dabei müsste Elon Musks Wirken bei X, vormals Twitter, noch dem Letzten vor Augen geführt haben, wie es läuft: Wer zu sehen ist, was zu sehen ist, wer verschwindet und wer womit gigantische Reichweite bekommt, bestimmen allein die Plattformkonzerne, und wie sie das machen, verraten sie nicht.
Dass Tiktok in den USA als Gefahr für die nationale Sicherheit eingestuft wird und der chinesische Mutterkonzern Bytedance bis zum 19. Januar zum Verkauf seines amerikanischen Tiktok-Auftritts gezwungen und andernfalls gesperrt werden soll, hat seinen Grund: Die chinesische Regierung weigert sich strikt, die Empfehlungs-Software der App preiszugeben.
Das ist der Algorithmus, der im Zweifel autokratische Propaganda bevorzugt und von dem Călin Georgescu in Rumänien profitierte. „Democracy dies in darkness“, „Demokratie stirbt in der Dunkelheit“, hatte sich die „Washington Post“ 2017 als Wahlspruch auf die Fahnen geschrieben. Tatsächlich stirbt sie im Digitalnebel der Plattformen. Sie sind für die Demokratie ein systemisches Risiko.