EuGH-Gutachten : TÜV Rheinland kann wegen Brustimplantaten haftbar sein

Hunderttausende Frauen ließen sich gefährliche Brustimplantate einsetzen. Wer muss für mangelhafte Medizinprodukte haften? Nach einem EU-Gutachten nicht unbedingt nur der Hersteller.
Im Streit um die Haftung für mangelhafte Brustimplantate steht nun womöglich der TÜV Rheinland in der Pflicht. Der TÜV hatte die Implantate der französischen Firma Poly Implan Prothèse (PIP) zertifiziert. In den am Donnerstag veröffentlichten Schlussanträgen führte Eleanor Sharpston, Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), aus, dass er haften müsse, falls er wusste, dass die Implantate fehlerhaft sein könnten, aber seine Zertifizierung trotzdem ohne neue Produktprüfung aufrecht erhielt.
PIP hatte seine Implantate mit billigem Industriesilikon befüllt. Weltweit ließen sich zehntausende Frauen die Implantate einsetzen. Französische Behörden stoppten 2010 den Vertrieb, weil sich Berichte über geplatzte oder undichte Silikonkissen häuften. Auf Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ließen sich seit 2012 viele Frauen die Implantate entfernen. Bei fast jeder zweiten von ihnen hatte laut BfArM zumindest ein Silikonkissen Risse.
Im Ausgangsverfahren fordert eine deutsche Klägerin 40.000 Euro Schmerzensgeld vom TÜV Rheinland, weil die französische Firma pleite ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) legte den Fall dem EuGH vor. Sollte der Gerichtshof den Schlussanträgen von Generalanwältin Eleanor Sharpston folgen, was er meist tut, ist damit aber noch nicht sicher, dass die Klägerin Schmerzensgeld bekommt.