Forum Wissen : Verschlungene Erkenntniswege
Ende Mai wird das Forum Wissen an der Universität Göttingen seine Türen öffnen, doch schon wieder gibt es Streit um das ehrgeizige Projekt, das dem Publikum die Wissenschaft auf neue Weise präsentieren will. Universitätspräsident Metin Tolan hat den Rückzug von Marie Luisa Allemeyer, der Direktorin des Forums, öffentlich recht abschätzig kommentiert. Dass hinter ihrem Weggang an das Westfälische Freilichtmuseum in Detmold ein Grundsatzkonflikt über die inhaltliche Ausrichtung des Forums stehen könnte, will Tolan zumindest öffentlich nicht zugestehen. Auch die Entlassung des Wissenschaftlichen Beirats des Forums Anfang des Jahres sei „ordnungsgemäß“ gewesen, so die Universität auf Anfrage dieser Zeitung. Die Amtszeit des Beirats wäre ohnehin ausgelaufen.
In seiner „Danksagung“ an dessen Mitglieder begründet Tolan seinen Schritt mit einer „Neuaufstellung“ der Gremien des Forums, wofür man den Beirat wohl nicht mehr braucht. Er hoffe, so Tolan, die ehemaligen Mitglieder „dort eines Tages einmal treffen zu können“. Bei der Eröffnungsfeier des Forums jedenfalls wird man sich wohl nicht begegnen, dazu erging an die Beiratsmitglieder nämlich bis jetzt keine Einladung. Bliebe es dabei, wäre das durchaus schäbig zu nennen. Aber die Planungen seien noch nicht abgeschlossen, so die Universität.
Dem Erkenntnisprozess nicht verschließen
Was braucht das Forum Wissen, um noch ein Erfolg zu werden? Vor allem ein Publikum. Das Konzept von Allemeyer und ihrem Team wäre auch für eine Stadt mit größerer Anziehungskraft eine Herausforderung. Die Erkenntniswege, die das Forum eröffnen will, sind verschlungen. Im stetigen Austausch mit den Objekten, die in den Schatzkammern der Universität lagern, sollen sie die Fabrikation von Wissen erfahrbar machen.
Man will in Göttingen damit aber nicht nur das akademische Fachpublikum ansprechen, sondern auch erfahrungshungrige Laien. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass diese gar nicht so viel hinterfragen wollen, sondern ihre Wissenschaftsskepsis an den gelungenen Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung überprüfen wollen. Die Universitätsleitung ist aus nachvollziehbaren Gründen eher von Letzterem überzeugt und muss sich darum den Vorwurf gefallen lassen, sie pflege ein positivistisches Wissenschaftsverständnis aus dem neunzehnten Jahrhundert, dem sie das Forum unterwerfen wolle.
Allemeyer begründet ihren Weggang nach Detmold mit der Möglichkeit, dort mit „kulturwissenschaftlichem Blick virulente gesellschaftliche Themen... in Ausstellungen zu übersetzen“. Ob auch das Publikum des Göttinger Forums solche Ausstellungen sehen möchte, ist zum Glück eine empirische Frage. Sie kann durchaus beantwortet werden. Man muss dazu nur in einen intensiven Austausch mit ihm treten. Die Leitung der Universität sollte sich diesem Erkenntnisprozess nicht verschließen.