Corona-Schutzmaßnahmen : Politiker warnen vor falschen Hoffnungen

Die Leopoldina wird für ihren Stufenplan zur Lockerung der Schutzmaßnahmen mit Lob überhäuft. Aber Politiker warnen vor überzogenen Hoffnungen. Thüringens Ministerpräsident Ramelow sagt, es gebe für ihn keine „Ausstiegsszenarien“.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die Empfehlungen der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zur möglichen Lockerung von Einschränkungen in der Corona-Krise gelobt. Die Stellungnahme sei „die bisher fundierteste und plausibelste wissenschaftliche Handlungsempfehlung zur Corona-Krise“, teilte der CDU-Politiker am Montag mit. Es würden klare Kriterien und konkrete Handlungsabläufe beschrieben. Haseloff warnte zugleich vor einer vorschnellen und generellen Aufhebung von Maßnahmen.
Auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) lobte die Empfehlungen der Leopoldina als „exzellente Beratungsgrundlage“ für die anstehenden Entscheidungen von Bund und Ländern. Die Bundesregierung werde „die fundierte wissenschaftliche Expertise“ auswerten und die Vorschläge im Kabinett und im Gespräch mit den Ländern beraten, teilte Karliczek mit. Es werde aber auch „längere Zeit dauern, bis an den Schulen wieder normaler Unterricht stattfinden kann“. Oberstes Ziel bleibe, die Ansteckungsgefahr zu reduzieren und Risikogruppen zu schützen.
„Wir müssen mit Corona leben lernen“
Die Fachleute der Leopoldina hatten zuvor erklärt, dass viele Teile des öffentlichen Lebens schrittweise unter bestimmten Voraussetzungen wieder normalisiert werden könnten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird an diesem Mittwoch und am 19. April bei Schaltkonferenzen mit den Ministerpräsidenten über die Studie beraten. Sie ist für die Entscheidungen der Politik nach den Worten der Kanzlerin „sehr wichtig“.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kann sich vorstellen, dass unter strengen Vorgaben der Einzelhandel schrittweise wieder öffnet. „Das geht aber nur mit mehr Personal, mehr Abstand und Kontrollen und strikten Auflagen“, sagte Ramelow am Montag. Er plädiere für ein gemeinsames Handeln der Länder. Derzeit ist das Einkaufen in Geschäften weitgehend auf Lebensmittel und Drogerieartikel beschränkt.
Oberste Priorität bei allen Entscheidungen habe der Infektionsschutz, sagte Ramelow. „Es gibt für mich deshalb keine Ausstiegsszenarien, nur Umbauszenarien.“ Den Begriff Lockerung verwende er nicht, weil er nahelege, es könnte wieder so wie vor der Zeit werden, als die Corona-Beschränkungen erlassen wurden. „Es gibt keinen Knopf, auf den man nur drücken muss, und es ist vorbei. Wir müssen mit Corona leben lernen. Dabei ist das Nichtanstecken die große Aufgabe“, so Ramelow. „Es bedarf gemeinsamer Wege in eine neue Realität.“
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Theurer sprach von einem „Startschuss für die Bundesregierung zur Entwicklung und Umsetzung eines Masterplans zum stufenweisen Wiedereinstieg in eine neue Normalität“. Theurer sagte, der Bericht der Leopoldina sei auch eine „schallende Ohrfeige für die Bundesregierung wegen der immer noch fehlenden freiwilligen Corona-App und zugleich ein Appell, das schnellstens nachzuholen“.