Legasthenie im Zeugnis : Doppelter Gewinn
Für Legastheniker ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gleich in doppelter Hinsicht ein Gewinn: Ihre Rechtschreibstörung wird auch vom höchsten Gericht als Behinderung anerkannt. Und sie darf in Abschlusszeugnissen genannt werden, wenn sie nicht die einzige Behinderungsart ist, die vermerkt wird. Damit ist eine Transparenz erzeugt, die auch beim Einstieg in den Beruf nur helfen kann. Eine Legasthenie lässt sich nicht verheimlichen, schon gar nicht im öffentlichen Dienst, wo Rechtschreibtests zu den Einstiegsvoraussetzungen zählen.
Weder faul noch beschränkt
Wer die Orthographie nicht beherrscht, weil er eine diagnostizierte Legasthenie hat, ist weder faul noch beschränkt.
Es wird Zeit, dass sich echte Legastheniker ihrer Störung nicht mehr schämen müssen. Automatisierte Rechtschreibprogramme und andere Hilfsmittel erlauben es ihnen längst, in nahezu allen Berufen tätig zu werden. Ebenso wichtig ist aber, dass das Gericht Chancengerechtigkeit nicht nur einseitig ausgelegt hat, sondern auch denjenigen zu ihrem Recht verholfen hat, die ihre Prüfungen ohne Nachteilsausgleich ablegen mussten. Gerade beim Abitur, das den Zugang zu zulassungsbeschränkten Studiengängen öffnet oder auch verhindert, muss der Staat einen Ausgleich schaffen und die Chancengleichheit bei Prüfungen sichern. Die Bundesländer werden ihre Regelungen jetzt vereinheitlichen müssen. Das kann nur von Nutzen sein.